Leitsatz
Der BGH hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Genehmigung einer Unterbringung zur Heilbehandlung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB erteilt werden kann, obgleich nicht beabsichtigt ist, den Betroffenen tatsächlich in einem geschlossenen Bereich unterzubringen, sondern die Genehmigung nur dazu dienen soll, ihn - ggf. zwangsweise - einer medikamentösen Behandlung zu unterziehen.
Sachverhalt
Für den Betroffenen war eine Betreuung mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung errichtet worden. Die Betreuerin beantragte beim Vormundschaftsgericht, den Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung unterzubringen, um die regelmäßige Einnahme der ihm ärztlich verordneten Psychopharmaka sicherzustellen. Er litt an einer chronifizierten paranoiden Schizophrenie mit Veränderungen der Persönlichkeit im Sinne eines schizophrenen Defekts und lehnte die Einnahme der ärztlich verordneten Medikamente ab. Die Nichteinnahme der Medikamente führte regelmäßig zu einer Verstärkung der Krankheitssymptome. Aufgrund dessen hatte das Vormundschaftsgericht auf Antrag der Betreuerin mehrfach die geschlossene Unterbringung des Betroffenen zum Zwecke der Zwangsbehandlung bewilligt. Es hat dabei darauf hingewiesen, dass die getroffene Entscheidung nur der Zwangsbehandlung des Betroffenen diene, daher könne dessen Unterbringung auch offen vollzogen werden. Entsprechend wurde dann auch verfahren. Der Betroffene, dem die Medikamente zudem heimlich verabreicht wurden, hielt sich durchgehend in offenen Einrichtungen auf.
Die Verfahrenspflegerin des Betroffenen verlangte mit den von ihr eingelegten sofortigen Beschwerden die Aufhebung bzw. die Feststellung der Rechtswidrigkeit der vormundschaftsgerichtlichen Beschlüsse. Das LG hat die Beschwerden zurückgewiesen. Das OLG legte die weiteren sofortigen Beschwerden dem BGH vor.
Entscheidung
Der BGH hat die Unterbringungsentscheidungen des Vormundschaftsgerichts aufgehoben bzw. deren Rechtswidrigkeit festgestellt. Er verneinte die Möglichkeit der Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung durch das Vormundschaftsgericht, wenn die Freiheitsentziehung als solche nicht notwendig sei und die Genehmigung nur eine Rechtsgrundlage dafür abgeben solle, den Betroffenen in einer offenen Abteilung einer Einrichtung einer erforderlichen - auch zwangsweisen - medikamentösen Behandlung zu unterziehen.
Für die Genehmigung einer Zwangsbehandlung müsse die medizinische Maßnahme als solche notwendig sein, zum anderen müsse zugleich auch eine freiheitsentziehende Unterbringung erforderlich sein, weil zu erwarten sei, dass der Betroffene sich der medizinischen Maßnahme ohne Unterbringung durch Fernbleiben oder Weglaufen entziehe.
Hinweis
Der BGH betont in seiner Entscheidung, dass er nicht verkenne, dass die von ihm vertretene enge Auslegung des Unterbringungsbegriffs dazu führen könne, dass ein Betroffener aufgrund des Unterbleibens einer von ihm abgelehnten medikamentösen Behandlung ggf. einen erneuten Krankheitsschub erleide und damit für ihn eventuell erhebliche Schäden verbunden sein könnten. Eine Alternative sah der BGH unter Hinweis auf das Verhalten des Gesetzgebers gleichwohl nicht. Für die Praxis ist hieraus der Schluss zu ziehen, dass bei einem Antrag auf gerichtliche Genehmigung der Unterbringung zum Zwecke der Zwangsbehandlung die von dem Betroffenen zu duldende Behandlung so präzise wie möglich angegeben werden muss.
Im Übrigen sollte im Hinblick auf die Bedeutung und die Intensität des mit einer Zwangsmedikation verbundenen Eingriffs in die Freiheitsrechte des Betroffenen auch überlegt werden, ob nicht ein notwendiges Sachverständigengutachten durch einen externen und nicht im Krankenhaus behandelnden Sachverständigen erstellt werden muss.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 23.01.2008, XII ZB 185/07