Leitsatz

  • Fehlerhafte Zustellungen (Ersatzzustellungen) an den Vorstand einer Aktiengesellschaft
  • Löschung einer Zwangssicherungshypothek durch löschungsfähige Quittung
  • Löschungsfähige Quittung als Wissenserklärung für die Entgegennahme der geschuldeten Leistung
  • Löschungsfähige Quittung kann bei Wohnungseigentümern als Gläubigern durch den Verwalter ausgestellt werden
 

Normenkette

§ 368 BGB§ 184 ZPO§ 187 ZPO§ 208 ZPO

 

Kommentar

1. Weist der Vorstand einer Aktiengesellschaft (als Vertreter dieser Wohnungseigentümerin gem. § 78 Abs.1 Aktiengesetz) in einem Parallelverfahren vor gleichem Gericht zwischen denselben Beteiligten auf eine Änderung seiner Anschrift hin, auch wenn diese bisher nicht zum Handelsregister angemeldet wurde, sind fehlerhafte Zustellungen an die alte Anschrift des Vorstands dieser Eigentümerin nicht kraft Rechtscheins zurechenbar. Im vorliegenden Fall war nicht von einer wirksamen Ersatzzustellung nach den §§ 208, 184 ZPO im Geschäftslokal der Antragsgegnerin (AG/Vorstand) dadurch auszugehen, dass einer Bediensteten in diesem Büro Postzustellungsurkunden übergeben wurden; die Antragsgegnerin unterhielt dort kein Geschäftslokal und hatte dort auch keine Bedienstete; damit fehlte eine wirksame Ersatz-Zustellung. Es war auch nicht von einer Heilung der Zustellung gem. § 187 ZPO auszugehen (wegen § 187 Satz 2 ZPO); die Beschwerdefrist des § 45 Abs.1 WEG i.V.m. § 22 Abs. 1 FGG steht nämlich einer Notfrist im Sinne des § 187 Satz 2 ZPO gleich (vgl. BayObLG Z 1985, 20/22; WM 1995, 68/69 und 2000, 566). Zustellungen an eine Aktiengesellschaft sind an den Vorstand vorzunehmen; vorliegend war auch der Anschriftwechsel des Vorstands den Beteiligten aus einem Parallelverfahren bekannt; dort wurde bereits ausdrücklich auf die neue Anschrift hingewiesen (was antragstellerseits überlesen worden war). Somit kann auch nicht von einem erzeugten Rechtschein hinsichtlich eines früheren Geschäftslokals gesprochen werden und auch von keiner Ersatzzustellung nach § 183 ZPO (im Sinne der Rechtsprechung des BGH, NJW-RR 1993, 1083 m.w.M.). Mangels wirksamer Zustellung wurde hier antragsgegnerseits die Rechtsbeschwerde rechtzeitig eingelegt.

Zustellungen an eine Aktiengesellschaft sind an den Vorstand vorzunehmen; vorliegend war auch der Anschriftwechsel des Vorstands den Beteiligten aus einem Parallelverfahren bekannt; dort wurde bereits ausdrücklich auf die neue Anschrift hingewiesen (was antragstellerseits überlesen worden war). Somit kann auch nicht von einem erzeugten Rechtschein hinsichtlich eines früheren Geschäftslokals gesprochen werden und auch von keiner Ersatzzustellung nach § 183 ZPO (im Sinne der Rechtsprechung des BGH, NJW-RR 1993, 1083 m.w.M.). Mangels wirksamer Zustellung wurde hier antragsgegnerseits die Rechtsbeschwerde rechtzeitig eingelegt.

2. Eine im Grundbuch eingetragene Zwangssicherungshypothek kann auch durch löschungsfähige Quittung als "Wissenserklärung" (also nicht Willenserklärung) über die Entgegennahme einer geschuldeten Leistung wieder gelöscht werden; die Quittung liefert den Nachweis dafür, dass der Gläubiger wegen der der Hypothek zugrunde liegenden Forderung vollständig befriedigt ist und die Hypothek gem. § 1163 Abs.1 Satz 2, § 1177 Abs. 1 Satz 1 BGB als Grundschuld auf den Eigentümer des belasteten Grundstücks oder Wohnungseigentums übergegangen ist. Damit ist der grundbuchrechtliche Nachweis gem. § 22 GBO geführt, dass die Hypothek nicht mehr dem eingetragenen Gläubiger zusteht; dieser braucht bei der Löschung der Hypothek nicht mehr mitzuwirken; es genügt, dass die Löschungsbewilligung dem Eigentümer als nunmehrigem Berechtigten der Grundschuld vorliegt.

Eine löschungsfähige Quittung kann, wenn Gläubiger der Hypothek Wohnungseigentümer sind, auch vom Verwalter abgegeben werden (BayObLG Z 1995, 103/105).

Zunächst ist bei einer vorgelegten löschungsfähigen Quittung der Nachweis dafür erbracht, dass die Gläubiger (Antragsteller) wegen der der Sicherungshypothek zugrunde liegenden Forderung befriedigt sind (vgl. § 368 BGB); wegen der strengen Akzessorietät der Sicherungshypothek ( § 1184 BGB) ändert daran nichts, dass in der löschungsfähigen Quittung nicht auf die Forderung, sondern auf das "Grundpfandrecht" abgestellt wird. Die Sicherungshypothek kann nicht vom Bestand der Forderung getrennt werden.

3. Selbst wenn regelmäßig aufgrund einer löschungsfähigen Quittung davon auszugehen ist, dass ein Schuldner tatsächlich geleistet hat, bleibt doch der Gläubigerseite die Möglichkeit eröffnet, den Gegenbeweis zu führen. Die Beweiskraft einer löschungsfähigen Quittung hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Sie ist grundsätzlich dann erschüttert, wenn der Gläubiger (wie hier) den Nachweis führt, dass der Empfang der quittierten Leistung unwahrscheinlich ist (BGH, NJW-RR 1988, 881; OLG Frankfurt, NJW-RR 1991, 172).

Eine Löschungsbewilligung oder ein Verzicht auf die Hypothek in grundbuchmäßiger Form ( § 29 GBO) wäre bei einer großen Zahl von Wohnungseigentümern praktisch nicht zu erreichen; g...

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