Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Umlage der Fertigstellungskosten nach maßgeblichem Kostenverteilungsschlüssel unter Einbeziehung auch des (wenn auch zwischenzeitlich vermögenslos gewordenen) Bauträgers als Eigentümer nicht verkaufter Einheiten
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 21 Abs. 3 WEG, § 22 Abs. 2 WEG
Kommentar
1. Die werdenden Eigentümer bildeten hier zusammen mit dem noch im Grundbuch eingetragenen Eigentümer nicht verkaufter Wohnungen eine (faktische) Gemeinschaft, auf die grundsätzlich die Vorschriften des WEG analog anzuwenden sind.
Mit der rechtlichen Invollzugsetzung der Gemeinschaft verlieren werdende Eigentümer auch nicht diese Rechtsposition (BayObLGZ 1990, 101).
2. Bei einer wegen Zahlungsunfähigkeit des Bauträgers nahezu, aber nicht vollständig und mangelfrei fertiggestellten Wohnanlage gehört die Fertigstellung einschließlich der Beseitigung vorhandener Mängel zu den Maßnahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung, die nach § 21 Abs. 3 WEG durch Stimmenmehrheit beschlossen und von jedem Eigentümer nach § 21 Abs. 4 WEG verlangt werden kann; § 22 Abs. 2 WEG ist entsprechend anzuwenden (h.M.). Bei den für eine mangelfreie Fertigstellung der Wohnanlage noch aufzubringenden Kosten handelt es sich um solche im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG.
Die Kosten sind nach dem maßgeblichen Verteilungsschlüssel (hier: § 16 Abs. 2 WEG) auch unter Einbeziehung des teilenden Eigentümers (auch hinsichtlich bisher nicht veräußerter Wohnungen) umzulegen. Es mag sein, dass Ersterwerber im Weg einer Nachschusspflicht wegen der Zahlungsunfähigkeit des Bauträgers dessen Kostenanteile übernehmen müssen, die auf seine noch nicht veräußerten Wohnungen entfallen. Dies muss dann jedoch Gegenstand eines gesonderten Umlagebeschlusses sein, rechtfertigt es aber nicht, den teilenden Eigentümer von vornherein von einer Kostenbeteiligung auszunehmen.
Ohne einen Eigentümerbeschluss, der die Kosten auch auf den teilenden Eigentümer umlegt, können gegen diesen nämlich keine Ansprüche der Wohnungseigentümer verfolgt und durchgesetzt werden (h.M.). Ein solcher Eigentümerbeschluss ist daher nicht verzichtbar, auch wenn nicht verkannt wird, dass im Hinblick auf die Zahlungsunfähigkeit die Wahrscheinlichkeit gering ist, einen tatsächlichen Kostenbeitrag von diesem Eigentümer hinsichtlich von ihm nicht verkaufter Wohnungen erlangen zu können (vgl. hierzu auch BGH, NJW 89, 3018).
3. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert für alle Rechtszüge von DM 60.000,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 24.02.2000, 2Z BR 173/99)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Nach Sachverhalt dieser Entscheidung waren zum Zeitpunkt der Beschlussfassungen bereits etwa 3/4 der Wohnungen und Tiefgaragenstellplätze verkauft; Käufer hatten ihre Wohnungen bereits bezogen; für sie waren auch Auflassungsvormerkungen im Grundbuch eingetragen; einzelne Erwerber standen bereits als Eigentümer im Grundbuch. Die Bauträgerverkäuferfirma (GmbH) wurde in eine BGB-Gesellschaft umgewandelt und im Handelsregister gelöscht. Die beiden Gesellschafter der BGB-Gesellschaft leben im Ausland.
In dieser Anlage war also bereits zum Beschlusszeitpunkt die Gemeinschaft entstanden und in Vollzug gesetzt; sie hatte die zuvor bestehende faktische Gemeinschaft damit "abgelöst" bzw. überlagert. Bisher verbliebene faktische Eigentümer behielten allerdings ihre einmal erlangte "faktische" Stellung, waren also nach wie vor stimmberechtigt und auch zahlungspflichtig bzgl. der Sanierungs- bzw. Fertigstellungskosten (h.R.M. im Gegensatz zur Annahme des OLG Köln, Beschluss vom 28. 1. 1999, Az.: 16 Wx 3/99mit diesseitiger kritischer Anmerkung, vgl. auch WE 2/2000, 28; demgegenüber korrekt im Sinne derzeit herrschender Rechtsmeinung auch OLG Hamm, Beschluss vom 19. 10. 1999, Az.: 15 W 217/99).