Das deutsche Unterhaltsrecht zählt zu den kompliziertesten Rechtsmaterien weltweit – und zwar sowohl im internationalen Vergleich als auch im Vergleich zu vielen anderen hiesigen Rechtsgebieten. Eine umfangreiche Rechtsprechung und die ohnehin schon schwer zu verstehenden Normen im Bürgerlichen Gesetzbuch haben dazu geführt, dass nur noch eine kleine Zahl von Experten in der Lage ist, das geltende Recht umfassend zu verstehen. Dies gilt umso mehr, wenn man die Überlagerungen und Wechselwirkungen mit anderen Rechtsgebieten wie dem Sozial- und Steuerrecht betrachtet. Ein Rechtsgebiet, das sich – anders etwa als das Gesellschafts- oder Handelsrecht – primär an den juristischen Laien richtet, muss jedoch ein Mindestmaß an Verständlichkeit und Übersichtlichkeit gewährleisten. Nicht zuletzt das Bundesverfassungsgericht hatte mit Blick auf die äußerst komplizierte Regelung der Kindergeldanrechnung nach § 1612b Abs. 5 BGB einen klaren Auftrag an den Gesetzgeber formuliert, hier Abhilfe zu leisten.
Ein weiteres wichtiges Ziel der Unterhaltsrechtsreform bestand daher in der generellen Vereinfachung der einschlägigen Vorschriften. Einen zentralen Beitrag hierzu leisten die gesetzliche Definition des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder (§ 1612a BGB), die Neuregelung der Kindergeldverrechnung (hiernach ist das Kindergeld künftig von vornherein bedarfsmindernd anzurechnen – § 1612b BGB), die Aufhebung der Regelbetrag-Verordnung, die Konzentration der Vorschriften zur Begrenzung des nachehelichen Unterhalts auf eine Norm, eine klare Regelung der unterhaltsrechtlichen Rangfolge sowie eine ausdrückliche Regelung, dass nachehelicher Unterhalt beschränkt oder versagt werden kann, wenn der Berechtigte mit einem neuen Partner in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt. Diese Vereinfachung wird zu einer Entlastung von Familiengerichten und Jugendbehörden, insbesondere bei der Mangelfallberechnung, führen.
Entscheidend sind jedoch auch die mit der Neuregelung verbundenen Vorteile unter Gesichtspunkten der Normenklarheit sowie der Rechtsharmonisierung. So basiert der steuerrechtliche Kinderfreibetrag unmittelbar auf dem Existenzminimumbericht. Er gilt – anders als etwa die sozialhilferechtlichen Regelsätze – bundeseinheitlich, wird der Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse angepasst und nennt konkrete Zahlen, so dass die Berechnung für den Unterhaltspflichtigen und den -berechtigten unmittelbar einsichtig und nachvollziehbar ist. Die Einführung einer weiteren, rein unterhaltsrechtlichen Bezugsgröße zur Bestimmung des Mindestbedarfs erübrigt sich damit; komplizierte Verweisungen und Bezugnahmen entfallen. Mit der Bezugnahme auf den einkommensteuerlichen Kinderfreibetrag wird zugleich der bereits genannten Entschließung des Deutschen Bundestages vom 6. Juli 2000 Rechnung getragen, das Unterhaltsrecht mit dem Steuer- und Sozialrecht besser abzustimmen. Mit der Anknüpfung an das Steuerrecht und der dort verorteten Regelung des steuerlichen Existenzminimums wird der systematische Grundmangel der derzeitigen Regelung behoben. Mit der Bezugnahme auf den Kinderfreibetrag wird die Regelbetrag-Verordnung entbehrlich.
Eine weitergehende Harmonisierung mit dem Steuer- und Sozialrecht wäre allgemein wünschenswert, hätte die jetzt verabschiedete Reform allerdings wegen der damit verbundenen Einbindung weiterer Ministerien deutlich überfrachtet.