Mein Geld – Dein Geld – Kein Geld
Auf der Herbsttagung der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht in Potsdam vom 27. bis 29. November bildeten sich etwa 400 Anwältinnen und Anwälte fort. Vor allem die Reformen im Familienrecht standen zur Debatte, denn ein Jahr nach Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts gibt es noch viel Unsicherheit in der Beratung der Mandanten. Mit etwa 6.500 Mitgliedern ist die AG Familienrecht die größte aller Arbeitsgemeinschaften im DAV.
Das neue Unterhaltsrecht
In ihrem Grußwort, das sie leider nicht persönlich übermitteln konnte, weil ihre Anwesenheit im Bundestag gefragt war, dankte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries ganz besonders den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die bei der Gesetzgebung als Experten mitgewirkt hatten, für ihr großes ehrenamtliches Engagement.
Die Reform des Unterhaltsrechts ist am 1.1.2008 in Kraft getreten. Wenn es nach Trennung und Scheidung um die Verteilung des Geldes geht, stehen die Kinder im ersten Rang, dann die die gemeinsamen Kinder betreuenden Mütter, wobei die nichtverheirateten mit den Ehefrauen gleichgestellt sind. Erst danach kommt die geschiedene Ehefrau, die keine Kinder mehr zu betreuen hat. Ihr Unterhalt kann sich nun auf den Ausgleich "ehebedingter Nachteile" reduzieren.
Was sind eigentlich "ehebedingte Nachteile"?
Ein Jahr Umgang mit dem neuen Recht hat viele Fragen aufgeworfen, einige beantwortet, aber viele offen gelassen. Das zeigte sich auch bei der prominent besetzten Podiumsdiskussion. Der Begriff "ehebedingte Nachteile" kommt im neuen Gesetz gar nicht vor, sondern ist – so Rechtsanwältin Dr. Lore-Maria Peschel-Gutzeit, fachkundige Diskussionsleiterin – "eine Erfindung des Bundesgerichtshofs". Fritz Finke, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Hamm, hält den Begriff für das momentan wichtigste Kriterium bei den gerichtlichen Entscheidungen, auch auf Amtsgerichtsebene. Bei Altehen mit einer Dauer von deutlich mehr als 25 Jahren sei dieser Nachteil aber nur schwer zu bestimmen, sagte Finke und nannte ein Beispiel. Eine Frau, ausgebildet als Lehrerin, nie im Beruf tätig gewesen, war mit ihrem Mann, einem Professor, in die USA gegangen. Nach 25 Jahren kehrten sie zurück und ließen sich scheiden. Jetzt arbeitet die Frau, die 1976 ihr Examen als Gymnasiallehrerin machte, im befristeten Arbeitsverhältnis an einer Realschule. Der Mann sieht keine "ehebedingten Nachteile", sie arbeite schließlich als Lehrerin. Die Frau verdiente jedoch erheblich weniger, als sie als Gymnasiallehrerin verdienen könnte, und hatte kein durchgehendes Einkommen. Was wäre gewesen, wenn man sich die Ehe wegdenkt, und die Frau vor 25 Jahren ihre Karriere am Gymnasium begonnen hätte? Solch eine "hypothetische nachträgliche Schau auf den Ablauf eines beruflichen Werdegangs" sei nach derart langer Zeit kaum möglich, meinte Finke. Deshalb endeten momentan viele Verfahren mit einem Vergleich, weil vor allem die Anwälte das Risiko eines falschen Urteils fürchteten. Es gibt aber bereits wenige Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Rechtsanwalt und Notar Wolfgang Schwackenberg bezeichnete diese als "z.T. reine finanztechnische und steuerrechtliche Mathematik" und plädierte dafür, sich wieder auf die eigentlichen Fragen im Unterhaltsrecht zu konzentrieren und vor allem den Einzelfall nicht aus dem Blick zu verlieren.
Was sind die Grundlagen des neuen Unterhaltsrechts?
Ministerialdirigentin Dr. Birgit Grundmann aus dem Bundesjustizministerium – sie hat die Unterhaltsrechtsreform von Anfang bis Ende begleitet – versuchte noch einmal, das grundsätzliche Anliegen der Reform ins Bewusstsein zu rücken. Das sind: die Stärkung des Kindeswohls, die Betonung des Grundsatzes der Eigenverantwortung, die Vereinfachung des Unterhaltsrechts und die Harmonisierung von Unterhalts-, Sozial- und Steuerrecht.
Wann (und wie lange) muss ein Ehepartner dem anderen, meist der Mann der Frau und den Kindern, Unterhalt zahlen? Dabei spielen die Dauer der Ehe, die Anzahl und das Alter der zu betreuenden Kinder, der Vertrauensschutz und die Rollenverteilung in der Ehe eine wichtige Rolle. MDgtn Grundmann plädierte dafür, wieder zu dieser ganzheitlichen Betrachtung der Einzelfälle zurückzukehren. Dies sei dem Gesetzgeber wichtig gewesen, der damit insbesondere vom starren Altersphasenmodell habe Abstand nehmen wollen.
Armut nach der Scheidung? Geldfragen im Familienrecht
Nicht nur im Unterhaltsrecht geht es immer wieder um Geld. "Besonders kompliziert wird es, wenn Geld fehlt. Es geht um den aktuellen Lebensunterhalt, die Aufteilung des Vermögens und der Rente", sagte Rechtsanwältin und Notarin Ingeborg Rakete-Dombek zum Auftakt der Tagung. "Angesichts der bereits verwirklichten und der weiter bevorstehenden grundlegenden Reformen im Familienrecht beschäftigt sich unsere Tagung daher mit der familienrechtlichen Sicht auf das Geld und dem Kampf um dessen Verteilung." Den 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde ein kompaktes Programm mit namhaften Referenten aus der Anwaltschaft und mit Richtern der ob...