Ganz anders die aufenthaltsrechtliche Situation nach der Familienzusammenführungsrichtlinie und nationalem Aufenthaltsrecht:
Drittstaatsangehörige, die von der Visumspflicht nicht befreit sind, benötigen für die Einreise zum Zwecke der Eheschließung oder die Einreise nach Eheschließung ein spezielles Visum zur Familienzusammenführung. Und nicht selten lässt sich schon diese erste Hürde nur sehr schwer überwinden.
Nach gefestigter Rechtsprechung ist es für die Erteilung des Visums bzw. für den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht ausreichend, dass eine formal wirksame Ehe vorliegt. Erforderlich ist vielmehr auch der Wille beider Ehegatten, eine eheliche Lebensgemeinschaft herzustellen und wahren zu wollen. Dabei sollen grundsätzlich die Vorlage einer Heiratsurkunde, der Nachweis einer gemeinsam genutzten Wohnung und die Führung eines gemeinsamen Haushaltes ausreichend sein.
Demgegenüber ist eine Ehe, die lediglich formal besteht, aber ausschließlich zu dem Zweck geschlossen wurde, dem Ausländer ein sonst nicht zu erlangendes Aufenthaltsrecht zu verschaffen, nicht von Art. 6 des GG erfasst. Die Ablehnung einer Aufenthaltserlaubnis wegen eines "Scheineheverdachts" soll allerdings nur dann in Betracht kommen, wenn sich dieser für die Ausländerbehörde als offenkundig erweist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine behördliche Prüfung auf eine Scheinehe nur bei begründetem Verdacht zulässig. Es wäre – so das Bundesverfassungsgericht – schlechterdings verfassungswidrig, wenn jeder Ehe vorbehaltlos die Last auferlegt werden würde, darzutun, dass es sich nicht um eine Scheinehe handelt. Liegen allerdings auf Grund der ausländerrechtlichen Vorgeschichte oder sonstiger Umstände berechtigte objektive Zweifel vor, die den Verdacht einer Scheinehe begründen, so sind Ermittlungen sowohl durch die Auslandsvertretungen als auch durch die Ausländerbehörden zulässig um festzustellen, ob es sich im Einzelfall um eine Scheinehe handelt. Es obliegt dann dem eine Aufenthaltserlaubnis begehrenden Ausländer, die Zweifel auszuräumen und durch entsprechende Hilfstatsachen darzutun, dass die Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet tatsächlich beabsichtigt ist.
Anlass, einem solchen Verdacht nachzugehen, besteht aus Sicht der Auslandsvertretungen und Ausländerbehörden jedenfalls dann, wenn bestimmte Kriterien hinzukommen wie etwa
- großer Altersunterschied zwischen den Partnern (gerade wenn die Frau älter ist als der Mann),
- Asylantrag eines Partners,
- Heirat kurz vor drohender Abschiebung/Ausweisung, Versagung des Aufenthaltstitels,
- keine gemeinsame Sprache,
- frühere Ehen des deutschen Partners mit MigrantInnen
- Widersprüche in der Befragung der Eheleute zu ihren tatsächlichen Lebensumständen.
Deutsche Staatsangehörige sind zwar auch EU-Bürger und unterliegen damit grundsätzlich dem Gemeinschaftsrecht, in unserem Kontext aber nur dann, wenn sie als EU-Bürger in der Vergangenheit von ihrer Niederlassungsfreiheit bereits Gebrauch gemacht haben, sich also z.B. vorübergehend in Frankreich oder Polen niedergelassen haben, denn nur dann gilt auch für sie im europäischen Ausland und für den Fall der Rückkehr nach Deutschland mit ihrem drittstaatsangehörigen Ehepartner die Freizügigkeitsrichtlinie/EU. Ihre Ehegatten haben in diesem Fall Anspruch auf freie Einreise und auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis/EU.
Das hat EuGH mehrfach entschieden, erstmals im Fall Singh. Es ging um einen indischen Staatsangehörigen, der aus England ausgewiesen, eine britische Staatsangehörige geheiratet und sich mit ihr vorübergehend in Irland niedergelassen hatte und nun zusammen mit seiner Ehefrau die Wiedereinreise nach England begehrte. Der EuGH hat entschieden, dass in einem solchen Fall dem englischen Staatsangehörigen und seinem Ehegatten die Einreise und der Aufenthalt zu gestatten sei. In späteren Entscheidungen hat der EuGH bestätigt, dass diese vorübergehende Niederlassung in einem anderen Mitgliedsstaat zur Verschaffung eines Aufenthaltsanspruchs – also des Niederlassungsrechts – im Herkunftsstaat geeignet ist.
Das Problem dieser spezifischen Ungleichbehandlung im Aufenthaltsrecht, welches für alle EU-Staaten gilt, also keinesfalls nur Deutsche und ihre Ehegatten betrifft, wird seit Jahren unter dem Begriff der Inländerdiskriminierung diskutiert. Immerhin lässt sich an diesem Phänomen der Ungleichbehandlung die Absurdität aufzeigen, wie völlig gleiche Sachverhalte unterschiedlich beurteilt werden, je nachdem von welchem geographischen Horizont aus man sie betrachtet.
Kommen wir also zurück zu unserem deutschen Staatsangehörigen, der eine Drittstaatsangehörige geheiratet hat und seine Motivation bzw. die seines Ehegatten gegenüber der Ausländerbehörde oder der deutschen Botschaft darlegen soll:
Sind Verdachtsmomente, welcher Art auch immer, gegeben, so kann dies in der Praxis zu hochnotpeinlichen Befragungen durch die Ausländerbehörden oder die deutschen Botschaften führen, zu Befragu...