Zusammenfassung
Am 1.9.2009 sind die neuen Vorschriften zum Zugewinnausgleich in Kraft getreten. Nachdem der Regierungsentwurf noch Änderungen erfahren hat, fasst der folgende Beitrag die neuen Regelungen zusammen, stellt die für die anwaltliche Beratungspraxis wichtigsten Punkte heraus und nimmt – in Ergänzung zum Aufsatz von Kogel in FF 2008, 185 – kritisch Stellung.
Ziele der Reform
Es sollen Gerechtigkeitsdefizite beseitigt und Missbrauchsmöglichkeiten eingeschränkt werden. An der Struktur des in Jahrzehnten bewährten Zugewinnausgleichs hat sich jedoch nichts geändert. Damit bestätigt der Gesetzgeber die im Interesse der Einfachheit, Klarheit und leichten Handhabbarkeit des Güterstandes vorgegebene starke Schematisierung (typisierende Betrachtungsweise), auch wenn dadurch die Einzelfallumstände nicht immer im vom Betroffenen gewünschten Maße berücksichtigt werden können. Als verbesserungswürdig angesehen wurde insbesondere der Schutz vor unredlichen, manipulativen Vermögensverschiebungen sowie die Behandlung von Schulden, deren Tilgung bislang nicht als Zugewinn anerkannt war. Damit einher geht ein Bedürfnis nach der Stärkung der prozessualen Position des Ausgleichsberechtigten.
Wege der Reform
Diese Ziele sollen erreicht werden durch
- die Berücksichtigung eines negativen Anfangsvermögens in § 1374 BGB
- Einführung einer neuen Beweislastregel in § 1375 Abs. 2 BGB
- Stärkung der Auskunftsrechte in § 1379 BGB
- Vorverlegung des Berechnungszeitpunktes in § 1384 BGB
- Verbesserungen des vorläufigen Rechtsschutzes gegen unredliche Vermögensverschiebungen.
Die Änderungen im Einzelnen
Berücksichtigung von Schulden
Anfangsvermögen
Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass das noch geltende Recht durch Ignorierung von Tilgungsgewinnen das wirtschaftliche Ergebnis der Ehe nicht immer treffend abbildet. Dieser Gesichtspunkt hat seit der Einführung des Zugewinnausgleichs erheblich an Bedeutung gewonnen, weil heute erheblich öfter als früher ein Ehegatte Schulden mit in die Ehe bringt. Durch die Streichung der Einschränkung "die Verbindlichkeiten können nur bis zur Höhe des Vermögens abgezogen werden" und die Hinzufügung des Abs. 3 in § 1374 BGB werden Schulden, auch soweit sie den Betrag des Vermögens übersteigen, berücksichtigt (negatives Anfangsvermögen). Hierdurch werden die bisherigen, in Einzelfällen erzielten ungerechten Ergebnisse vermieden (ein Ehegatte mehrt sein Vermögen durch Schuldentilgung in der Ehezeit, vielleicht sogar durch Tilgungsleistungen des anderen; manchmal kann er, wenn der andere Ehegatte einen Zugewinn erwirtschaftet hat, von diesem obendrein noch einen Ausgleich verlangen).
Verluste werden allerdings weiterhin nicht geteilt, weil dies den Grundsätzen der Zugewinngemeinschaft widerspräche und letztlich Dritten, nämlich den Gläubigern, zugute käme. Auch nach dem Anfangsstichtag eingegangene und vor dem Endstichtag getilgte Schulden bleiben weiterhin unberücksichtigt. Auch begründet die Neuregelung nicht eine Mithaftung des anderen Ehegatten, der im Außenverhältnis weiterhin nicht an den Schulden beteiligt ist, wie die dingliche Rechtsposition an den einzelnen Vermögensgegenständen überhaupt unverändert bleibt.
Abs. 3 stellt durch seine systematische Stellung klar, dass negatives Anfangsvermögen auch für nach Abs. 2 privilegierten Zuerwerb gilt. Ebenso, wie der andere Ehegatte nicht an privilegiertem Zuerwerb teilhaben soll, weil dieser nicht eine gemeinsame Lebensleistung der Ehegatten verkörpert, soll er nicht für "privilegierte Schulden" einstehen. Beispiel: AV 0 EUR, privilegierter Zuerwerb -10.000 EUR (positiver Zuerwerb 20.000 EUR – 30.000 EUR Schulden), EV 50.000 EUR: Zugewinn 60.000 EUR. Hierdurch wird also bewirkt, dass die Annahme eines überschuldeten Nachlasses, etwa aus Pietätsgründen, den anderen Ehegatten nicht benachteiligt. Der Erwerber wird lediglich durch § 1378 BGB geschützt (die nach dem ersten Gesetzesentwurf noch vorgesehene Kappungsgrenze von 50 % ist allerdings entfallen, s.u.).
Endvermögen
Schulden werden auch im Endvermögen berücksichtigt (§ 1375 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dies ist die notwendige Konsequenz der Berücksichtigung im Anfangsvermögen, da, wenn eine wirtschaftliche Betrachtung erfolgen soll, dies zu beiden Stichtagen geschehen muss. Der durch Schuldentilgung erwirtschaftete Zugewinn ist somit (trotz § 1378 BGB) auch in Fällen relevant, wo das Endvermögen überschuldet ist, da dieser Zugewinn als Rechnungsposten dem Zugewinn des anderen Ehegatten gegenübersteht.
Die im Regierungsentwurf vorgesehene Kappungsgrenze in Höhe der Hälfte des schuldenbereinigten Endvermögens i...