In der Literatur ist inzwischen eine Diskussion darüber entstanden, wie Artikel 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RefG auszulegen ist.
Wir hatten in Forum Familienrecht die Entscheidung des OLG Köln vom 21.9.2009 veröffentlicht, die eindeutig klarstellt, dass das Verfahren des Rechtsmittelgerichts und auch die Zulässigkeit von Rechtsmitteln sich nach den Bestimmungen des bisherigen Rechts richten, wenn das Verfahren 1. Instanz noch vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist (OLG Köln Beschl. v. 21.9.2009, FF 2009, 464 = FamRZ 2009, 1852; ebenso Borg/Jacobi/Schwab/Zorn, FamFG 2009 vor § 151 Rn 19; Schlünder/Nickel, Das familiengerichtliche Verfahren 2009, Rn 840; Zimmermann, Das neue FamFG 2009, Rn 824; Friederici/Kemper, Familienverfahrensrecht, HK, 1. Aufl. 2009, Einl. 16 ff.).
Anderer Auffassung war Prütting, der jede Instanz als selbstständiges Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 2 FGG-RG versteht (Prütting/Helms, S. 2680, Rn 5). Diese Auffassung wird inzwischen allerdings auch von Geimer geteilt (Zöller/Geimer, 28. Aufl. 2010, Einl. FamFG zu Art. 111 Rn 54 S. 2390).
In einem Aufsatz hat Geimer inzwischen seine Rechtsauffassung noch einmal dargelegt (Geimer, Intertemporäres Rechtsmittelrecht in Altverfahren, Anm. zu OLG Stuttgart v. 22.10.2009, FamRB 2009, 373). Die Rechtsauffassung der beiden Professoren Geimer und Prütting bringt die derzeitige Familienrechtspraxis in Schwierigkeiten.
Mit der herrschenden Rechtsauffassung ist davon auszugehen, dass Berufung beim OLG eingelegt werden muss, wenn die Entscheidung vor dem 1.9.2009 durch das Familiengericht getroffen worden ist und sich danach ein Berufungsverfahren in zweiter Instanz anschließt und entsprechend nach dem 1.9.2009 entschieden werden muss (vgl. überzeugend auch Schwamb, Art. 111 Abs. 2 FGG-RG: Zweiter Rechtszug kein selbstständiges Verfahren, FamRB 2010, 27 ff.; Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, Einl. Rn 9; Keidel/Engelhardt, FamFG, Art. 111 FG RG 3f).
In den Fällen, die nach neuem Verfahrensrecht abgewickelt werden und die nach dem 1.9.2009 eingeleitet worden sind, ist einheitlich das Rechtsmittel der Beschwerde maßgeblich, die beim Ausgangsgericht, also beim Familiengericht eingelegt werden muss.
Der XII. Senat des BGH (Familiensenat) hat sich der Sache inzwischen in einem neuen Urteil angenommen, das seit 18.12.2009 bisher lediglich im Internet veröffentlicht wurde. In diesem Verfahren geht es um eine Unterhaltsabänderung bei einem pauschalen Unterhaltsvergleich ohne konkrete Geschäftsgrundlage (Urt. v. 25.11.2009 – XII ZR 8/08).
Der Senat führt hierzu in einem obiter dictum Folgendes aus:
"Für das Verfahren ist gem. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. OLG Köln FamRZ 2009, 1852 f.; OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.10.2009 – 18 UF 233/09 – veröffentlicht bei juris; OLG Schleswig, Beschl. v. 21.10.2009 – 2 W 152/09 – veröffentlicht bei juris und OLG Dresden, Beschl. v. 20.10.2009 – 3 W 1077/09 – veröffentlicht bei juris)."
Diesem klaren Votum ist nichts hinzuzufügen.