Anmerkungswürdig erscheint daneben auch der unkritische Umgang des Bundesverfassungsgerichts, vor allem aber auch der Fachgerichte in vorliegendem Fall mit dem rechtlichen Konstrukt "Wechselmodell". Konzeptionell ist dieses Modell darauf angelegt, trotz Elterntrennung die gemeinsame Sorge nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich, d.h. auf der Ebene der Betreuung und Erziehung der Kinder als periodisch aufgeteilte Sorge fortzuführen.
Soweit die Anordnung solcher Gestaltung in Betracht gezogen wird, bevorzugen die Gerichte die Form einer Umgangsanordnung gem. § 1684 Abs. 3 BGB. Der Grund für diese Präferenz ist offenkundig: § 1684 Abs. 3 BGB erlaubt amtswegige Regelungen, während Regelungen auf sorgerechtlicher Ebene antragsabhängig sind (§ 1671 Abs. 1 BGB). Ein Wechselmodell unter dem Dach gemeinsamer Sorge kann nach § 1671 BGB weder bei Einigkeit der Eltern gerichtlich angeordnet werden (§ 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB setzt vollständige oder teilweise Alleinsorge eines Elternteils voraus) noch als Konfliktentscheidung gem. § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB: Thema der richterlichen Entscheidung ist die Inhaberschaft des Rechts zur elterlichen Sorge. Weder nach § 1671 Abs. 2 Nr. 1 noch nach Nr. 2 BGB kann das Familiengericht – über die Rechtsinhaberschaft hinaus – auf die Ausübung des so zugeteilten Sorgerechts durchgreifen: Davor steht der elterliche Sorgeprimat aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG.
Bei der Anordnung eines Wechselmodells als Umgangsregelung stimmen schon Rechtsform und Rechtsziel konzeptionell nicht überein: Der Umgang soll – ausgehend vom Konzept des "Residenzmodells" – den persönlichen Kontakt zwischen Kind und "anderem" Elternteil erhalten und fördern, das Wechselmodell die Betreuungs- und Erziehungsbeteiligung beider Eltern festlegen – jeweils in einem Ausmaß, das weit über die Position eines Umgangsberechtigten hinausgeht. Die Befugnisse der Wechsel-Elternteile sind dabei höchst unklar: § 1687 Abs. 1 S. 2 oder Abs. 1 S. 4 BGB? Auch der Gesetzgeber des § 1687 BGB hatte das Residenzmodell vor Augen, die Situation des Wechselmodells ist schlicht nicht geregelt. Eindeutig, aber sachwidrig wäre die Kompetenzverteilung nur, wenn – wie vom OLG in vorliegendem Fall angeordnet – die Alleinsorge eines Elternteils mit einer auf ein Wechselmodell zielenden "Umgangsregelung" verbunden würde: Der andere Elternteil hätte nur Entscheidungsbefugnisse hinsichtlich der "tatsächlichen Betreuung", schon nicht mehr bei "Angelegenheiten des täglichen Lebens" (§§ 1687a, 1687 Abs. 1 S. 4, 5 BGB). Damit würde (was das OLG offenbar übersehen hat) ein bisher praktiziertes Wechselmodell substantiell verändert. Vom Kindeswohl her ist die Diskrepanz zwischen tatsächlicher Sorgeleistung und rechtlicher Verantwortung zu kritisieren; aus Sicht der Mutter stellt sich die Regelung des OLG als verkappte teilweise Rücknahme des mit der Alleinsorge grundsätzlich übertragenen Aufenthaltsbestimmungsrechts dar.
Das Wechselmodell sollte im Interesse der Kinder und Eltern nur bei diesbezüglicher Einigkeit aller Beteiligten angeordnet werden, und es sollten die rechtlichen Instrumente ausgebaut werden, um entsprechende Vereinbarungen in (grundsätzlich) bestandskräftige und durchsetzbare Gerichtsbeschlüsse umsetzen zu können: entweder als "gerichtliche Feststellung" der vereinbarten Sorgeausübungsregelungen (§§ 1671 Abs. 1 BGB, 256 ZPO) oder in Ausbau des "gerichtlich gebilligten Vergleichs", dem das FamFG schon jetzt erweiterte und tendenziell generelle Bedeutung zuweist.