[17] Aus den beim Gerichtshof eingereichten Akten geht hervor, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens, Herr McB., der die irische Staatsangehörigkeit besitzt, und die Beklagte des Ausgangsverfahrens, Frau E., die die britische Staatsangehörigkeit besitzt, als unverheiratetes Paar mehr als zehn Jahre lang zusammenlebten, und zwar in England, in Australien, in Nordirland und, ab November 2008, in Irland. Sie haben zusammen drei Kinder, nämlich, J., geboren in England am 21.12.2000, E., geboren in Nordirland am 20.11.2002, und J. C., geboren in Nordirland am 22.7.2007.
[18] Nachdem sich die Beziehung zwischen den Eltern Ende 2008/Anfang 2009 verschlechtert hatte, nahm die Mutter insbesondere unter Berufung auf Aggressionen seitens des Vaters mit ihren Kindern wiederholt Zuflucht in einem Frauenhaus. Im April 2009 versöhnten sich die beiden Eltern und beschlossen, am 10.10.2009 zu heiraten. Am 11.7.2009 stellte der Vater indessen bei der Rückkehr von einer Geschäftsreise nach Nordirland fest, dass die Mutter mit ihren Kindern erneut die Familienwohnung verlassen hatte, um in dem Frauenhaus unterzukommen.
[19] Am 15.7.2009 setzten die Rechtsanwälte des Vaters in seinem Auftrag eine Klage zur Einleitung eines Verfahrens auf Zuerkennung eines Sorgerechts für seine drei Kinder bei dem zuständigen irischen Gericht, dem District Court, auf. Am 25.7.2009 flog allerdings die Mutter nach England und nahm diese drei Kinder sowie ihr anderes, älteres Kind aus einer früheren Beziehung mit. Zu diesem Zeitpunkt war die Klage der Mutter noch nicht zugestellt worden, so dass sie nach irischem Verfahrensrecht nicht ordnungsgemäß erhoben worden war und damit keine Rechtshängigkeit bei dem irischen Gericht eintrat.
[20] Am 2.11.2009 erhob Herr McB. beim High Court of Justice (England amp Wales), Family Division (Vereinigtes Königreich), Klage auf Rückgabe der Kinder nach Irland gemäß den Bestimmungen des Haager Übereinkommens von 1980 und der Verordnung Nr. 2201/2003. Mit Beschluss vom 20.11.2009 forderte dieses Gericht den Vater gem. Art. 15 des genannten Übereinkommens auf, eine Entscheidung oder sonstige Bescheinigung der irischen Behörden vorzulegen, aus der hervorgeht, dass das Verbringen der Kinder widerrechtlich i.S.v. Art. 3 des Übereinkommens war.
[21] Am 22.12.2009 erhob Herr McB. Klage beim High Court (Irland), um zum einen eine Entscheidung oder sonstige Bescheinigung, aus der hervorgeht, dass das Verbringen seiner drei Kinder am 25.7.2009 widerrechtlich i.S.v. Art. 3 des Haager Übereinkommens von 1980 war, und zum anderen die Zuerkennung eines Sorgerechts zu erwirken.
[22] Mit Urteil vom 28.4.2010 wies der High Court den ersten Klageantrag mit der Begründung ab, dass der Vater zum Zeitpunkt des Verbringens der Kinder kein Sorgerecht für sie gehabt habe, so dass das Verbringen nicht widerrechtlich im Sinne des Haager Übereinkommens von 1980 oder der Verordnung Nr. 2201/2003 gewesen sei.
[23] Der Vater legte gegen diese Entscheidung Rechtsmittel beim vorlegenden Gericht ein. Dieses führt in seiner Vorlageentscheidung aus, dass der Vater am 25.7.2009 kein Sorgerecht für seine Kinder im Sinne der Bestimmungen des Haager Übereinkommens von 1980 gehabt habe. Es weist allerdings darauf hin, dass der Begriff "Sorgerecht" im Hinblick auf Anträge auf Rückgabe von Kindern von einem Mitgliedstaat in einen anderen auf der Grundlage des Haager Übereinkommens von 1980 nunmehr in Art. 2 Nr. 9 der Verordnung Nr. 2201/2003 definiert werde.
[24] Das vorlegende Gericht meint, dass weder die Bestimmungen der Verordnung Nr. 2201/2003 noch Art. 7 der Charta implizierten, dass der leibliche Vater eines Kindes, dem ein Sorgerecht für das Kind nicht durch eine gerichtliche Entscheidung zugesprochen worden sei, im Hinblick auf die Beurteilung der eventuellen Widerrechtlichkeit des Verbringens des Kindes zwingend als Inhaber eines solchen Rechts angesehen werden müsse. Es erkennt allerdings an, dass die Auslegung dieser Vorschriften des Unionsrechts in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt.
[25] Daher hat der Supreme Court beschlossen, das Verfahren auszusetzen und folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Ist es einem Mitgliedstaat nach der Verordnung Nr. 2201/2003, sei es bei einer Auslegung im Licht von Art. 7 der Charta oder in anderer Weise, untersagt, in seinem Recht vorzusehen, dass der Vater eines Kindes, der nicht mit der Mutter verheiratet ist, nur dann, wenn er die Anordnung eines zuständigen Gerichts erwirkt hat, mit der ihm das Sorgerecht übertragen wird, das "Sorgerecht" besitzt, aufgrund dessen ein Verbringen dieses Kindes aus dem Staat seines gewöhnlichen Aufenthalts widerrechtlich i.S.v. Art. 2 Nr. 11 dieser Verordnung wird?
[40] In Art. 2 Nr. 9 der Verordnung Nr. 2201/2003 wird das "Sorgerecht" definiert als "die Rechte und Pflichten, die mit der Sorge für die Person eines Kindes verbunden sind, insbesondere das Recht auf die Bestimmung des Aufenthaltsortes des Kindes".
[41] Da somit der Begriff "Sorgerecht" in der Verordnung N...