1. Das MediationsG
Artikel 1 des Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung enthält das neue MediationsG, dessen neun Paragraphen eine übersichtliche Regelung verheißen. Strenge Formalismen hat sich der Gesetzgeber zu Recht versagt. Eine präzise Grenzziehung zwischen Mediation und anderen Verfahren außergerichtlicher Streitbeilegung ist nicht möglich. Jeder, der das vom Gesetz typisierte Bild ausfüllt, unterliegt den gesetzlichen Voraussetzungen an einen Mediator, z.B. bei Aufgaben, Tätigkeitsbeschränkungen, Verschwiegenheit, Vertraulichkeit und Aus- und Fortbildung.
a) § 1 enthält Begriffsbestimmungen. Die Regelung krankt daran, dass in § 1 Abs. 1 Mediation als ein Verfahren beschrieben wird, bei dem ein Mediator tätig wird, während § 1 Abs. 2 den Mediator definiert als eine Person, die die Parteien durch die Mediation führt. Der Erkenntnisgewinn ist gering: Um zu wissen, was ein Mediator ist, muss man wissen, was Mediation ist. Um diese Erkenntnis zu erlangen, muss man wieder wissen, was ein Mediator ist. Immerhin helfen die Stichworte
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vertrauliches und strukturiertes Verfahren |
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zur Konfliktbeilegung, das |
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freiwillig und eigenverantwortlich |
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von Parteien betrieben |
wird. Der Mediator muss
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unabhängig und neutral sein, und zwar |
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ohne Entscheidungsbefugnis; |
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er führt durch die Mediation. |
Die Betonung der Freiwilligkeit ist typusprägend. Es darf also auch kein mittelbarer Zwang auf die Parteien ausgeübt werden. Das hat zur Folge, dass die vorgerichtliche Schlichtung, die in vielen Bundesländern i.S.v. § 15a EGZPO eingeführt wurde, rechtlich nicht (mehr) als Mediation anzusehen ist.
b) § 2 beschreibt das Verfahren und die Aufgaben des Mediators. Nach Abs. 1 wählen die Parteien den Mediator aus. Das Gesetz sagt nichts zu dem vertraglichen Rechtsverhältnis, aufgrund dessen der Mediator für die Parteien tätig wird. In den folgenden Absätzen werden konkrete Pflichten des Mediators beschrieben. Offen ist, ob es sich hierbei um gesetzliche oder gesetzlich geregelte vertragliche Pflichten handelt. Unklar ist damit zugleich, welche dieser Pflichten dispositiv sind. Angesichts der Vertragsfreiheit sprechen gute Gründe dafür, von einem gesetzlichen typisierten Pflichtenkatalog zu sprechen, der grundsätzlich dispositiv ist und die vertraglichen Pflichten des Mediators beschreibt. Unverzichtbar dürfte allerdings der in Abs. 3 angesprochene Grundsatz sein, dass der Mediator allen Parteien gleichermaßen verpflichtet ist.
Missglückt ist § 2 Abs. 4. Danach können Dritte nur mit Zustimmung aller Parteien in die Mediation einbezogen werden. Die Begründung zum Regierungsentwurf legt nahe, dass damit auch Rechtsanwälte gemeint sind. Das begegnet rechtlichen Bedenken. Würde das außergerichtliche Mediationsverfahren ohne ausdrückliche Zustimmung der anderen Seite dazu führen, dass Rechtsanwälte als Berater oder ergänzender Vertreter einer Partei ausgeschlossen werden können, wird die außergerichtliche Mediation kein Erfolgsmodell werden. Denn Mediation ist freiwillig. Im Übrigen setzt § 2 Abs. 6 mit der Pflicht des Mediators, die Parteien, die ohne fachliche Beratung an der Mediation teilnehmen, auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Vereinbarung bei Bedarf durch externe Berater überprüfen zu lassen, als Idealfall voraus, dass die Parteien anwaltlich beraten oder vertreten werden.
Gemäß § 2 Abs. 5 können die Parteien die Mediation jederzeit beenden. Das ist ein wichtiger Grundsatz und zutreffender Ausdruck der Freiwilligkeit des Verfahrens. In engen Grenzen mögen in der Mediationsvereinbarung vertragliche Mitwirkungspflichten, deren Verletzung Schadenersatzansprüche nach sich ziehen, vereinbart werden können. Die weitere Regelung, nach der der Mediator die Mediation einseitig beenden kann, dürfte wohl ein Recht zur jederzeitigen Vertragsaufsage begründen. Könnte daneben auf die §§ 627 Abs. 2, 628 BGB zurückgegriffen werden oder wollte man einen sachlichen Grund für die einseitige Beendigung verlangen, müsste über diesen sachlichen Grund in einem Rechtsstreit zwischen dem Mediator und den Parteien Beweis erhoben werden, was sich mit der Vertraulichkeit des Verfahrens nicht verträgt.
Bedeutungsvoll ist die in § 2 Abs. 6 geregelte Verpflichtung des Mediators, im Falle einer Einigung darauf hinzuwirken, dass die Parteien die Vereinbarung in Kenntnis der Sachlage treffen und ihren Inhalt verstehen. Da der Mediator neutral ist und also Rechtsberatung einer Seite nicht schuldet, kann damit im Ergebnis nur gemeint sein, dass der Inhalt der Vereinbarung objektiv erläutert wird und die Parteien ergänzend aufgefordert werden, ggf. fachkundigen Rechtsrat einzuholen. In vielen Fällen sind solche Hinweise an beide Parteien kaum möglich, wenn nicht zugleich rechtliche Regelungsvorschläge gemacht wurden. Zwar ist die reine Verhandlungsführung im Rahmen der Mediation noch keine Rechtsdienstleistung (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 RDG). Sobald es aber um rechtliche Erläuterungen geht, ...