Zu dem am Donnerstag vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Durchführung des Haager Übereinkommens vom 23.11.2007 erklärt Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger:
Kinder brauchen die bestmögliche Unterstützung, um den Unterhalt durchsetzen zu können, der ihnen zusteht. Das gilt unabhängig davon, ob sich die Kinder im Ausland aufhalten oder nicht. Wer Unterhalt schuldet, muss ihn zahlen, auch wenn er nicht mehr im Land seines Kindes lebt. Die Durchsetzbarkeit der Unterhaltsansprüche darf nicht an Grenzen Halt machen. Die Neuregelungen zum internationalen Unterhaltsverfahrensrecht erleichtern die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen insbesondere von Kindern im Ausland. ( … )
Eine weitere Regelung betrifft den nachehelichen Unterhalt. Es ist gesellschaftliche Realität, dass die Scheidungsraten jährlich steigen – und das betrifft auch langjährige Ehen. Oftmals stehen Ehepartner, die ihre Lebensplanung nach der Ehe ausgerichtet haben, bei einer Scheidung finanziell vor dem Nichts. Künftig soll daher verhindert werden, dass Ehepartner nach langer Ehedauer durch die Beschränkung des nachehelichen Unterhalts besonders hart getroffen werden. Nach dem Gesetz muss daher künftig die Ehedauer bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts berücksichtigt werden.
Zum Hintergrund:
( … ) Mit der Gesetzesänderung zum nachehelichen Unterhalt wird klargestellt, inwieweit solche Ansprüche der Höhe nach oder zeitlich zu beschränken sind.
Mit dem neu geschaffenen § 1578b des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) hat die Unterhaltsrechtsreform von 2008 eine Billigkeitsregelung eingefügt, die eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung von Unterhaltsansprüchen ermöglicht. Insbesondere im Hinblick auf die Beschränkung von Unterhaltsansprüchen nach Scheidung sogenannter Altehen geriet die Vorschrift in die Diskussion. Solche Ehen, die lange vor der Reform von 2008 geschlossen wurden, sind oft vom klassischen Rollenbild einer Hausfrauenehe geprägt. Im Vertrauen auf die Fortgeltung des alten Unterhaltsrechts und damit auf eine lebenslange Absicherung haben Frauen oft in eine Aufgabenteilung eingewilligt, die ihnen die Führung des Haushalts und meist auch die Betreuung und Erziehung gemeinsamer Kinder zuweist, während der Ehemann das Erwerbseinkommen beisteuert und seine berufliche Karriere fördert. Nach Scheidung einer solchen Ehe steht die Frau mangels beruflicher Ausbildung und in Anbetracht ihres bereits fortgeschrittenen Alters oft ohne reale Aussicht auf ein angemessenes Erwerbseinkommen da. Dennoch haben die Instanzgerichte nach Inkrafttreten der Reform auch die aus diesen Ehen resultierenden Unterhaltsansprüche oft rigide beschränkt, ohne dem Gesichtspunkt der langen Ehedauer Bedeutung beizumessen. Das wird vielfach als ungerecht empfunden. Es ist der Eindruck entstanden, dass beim Fehlen ehebedingter Nachteile die nachehelichen Unterhaltsansprüche oftmals "automatisch" befristet werden, ohne dass die weiteren Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Dauer der Ehe, bei der Billigkeitsabwägung Beachtung finden.
Eine solche "automatische" Beschränkung entsprach nicht der Intention des Reformgesetzgebers von 2008. Auch der Bundesgerichtshof hat mit seiner Rechtsprechung inzwischen verdeutlicht, dass eine Befristung oder Begrenzung eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs unzulässig sein kann, wenn zwar keine ehebedingten Nachteile vorliegen, eine Beschränkung aber mit Blick auf die insbesondere bei Ehen von langer Dauer gebotene nacheheliche Solidarität unbillig erschiene (Entscheidung XII ZR 202/08 v. 6.10.2010, FamRZ 2010, 1971). Diese Linie verfolgen – soweit ersichtlich – jetzt auch die Instanzgerichte.
Vor diesem Hintergrund wird nunmehr die Ehedauer als weiterer Billigkeitsmaßstab bei der Bemessung von Unterhaltsansprüchen neben dem Bestehen ehebedingter Nachteile in § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB aufgenommen.
Auszug aus der Pressemitteilung des BMJ v. 14.12.2012