BGB § 242, § 1353, § 1379, § 1375 Abs. 2; FGG-RG Art. 111 Abs. 5
Leitsatz
1. Art. 111 Abs. 5 FGG-RG gilt auch für das Rechtsmittelverfahren, wenn die angefochtene Entscheidung (hier Teilurteil) noch vor dem 1.9.2010 nach altem Verfahrensrecht ergangen ist; deshalb ist über das Rechtsmittel gemäß § 69 FamFG durch Beschluss zu entscheiden.
Hat das Rechtsmittelgericht fälschlicherweise durch Berufungsurteil entschieden und die Revision zugelassen, ist die eingelegte Revision im Sinne der Meistbegünstigung als Rechtsbeschwerde zu behandeln und hierüber im Beschlusswege zu entscheiden (im Anschluss an Senatsbeschl. v. 13.6.2012 – XII ZR 77/10, FamRZ 2012, 1293; v. 29.2.2012 – XII ZB 198/11, FamRZ 2012, 783 und v. 6.4.2011 – XII ZB 553/10, FamRZ 2011, 966).
2. § 1379 BGB in der seit 1.9.2009 geltenden Fassung erstreckt die Auskunftspflicht auch auf illoyale Vermögensminderungen i.S.d. § 1375 Abs. 2 S. 1 BGB.
Allerdings hat der Auskunftsberechtigte nach § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB – wie bisher nach § 242 BGB – konkrete Tatsachen vorzutragen, die ein unter § 1375 Abs. 2 S. 1 BGB fallendes Handeln nahelegen. Das gilt jedenfalls dann, wenn und soweit er Auskunft für die Zeit vor der Trennung begehrt.
BGH, Beschl. v. 15.8.2012 – XII ZR 80/11 (KG Berlin, AG Berlin-Schöneberg)
Aus den Gründen:
A. [1] Die Antragsgegnerin nimmt den Antragsteller im Scheidungsverbund mit einem Stufenantrag zur Folgesache Zugewinnausgleich auf Auskunft in Anspruch.
[2] Die Parteien schlossen 1981 die Ehe; im Sommer 2007 trennten sie sich. Der Scheidungsantrag des in der Schweiz lebenden Antragstellers, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, wurde der in Italien lebenden Antragsgegnerin, die sowohl die deutsche als auch die italienische Staatsangehörigkeit besitzt, am 8.6.2009 zugestellt.
[3] Das Amtsgericht hat den in der seit Januar 2010 anhängigen Folgesache gestellten Auskunftsantrag der Antragsgegnerin abgewiesen, weil der Ehemann Auskunft über den Bestand seines Endvermögens zum Stichtag erteilt habe und darüber hinaus keine weiteren Auskunftsansprüche der Ehefrau bestünden.
[4] Das Kammergericht hat die Berufung, mit der die Antragsgegnerin die Auskunft auf den Verbleib eines dem Antragsteller im Jahr 2004 zugeflossenen Abfindungsbetrages von 1.000.000 EUR beschränkt hat, zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der vom Kammergericht zugelassenen Revision.
B. [5] Das zulässige Rechtsmittel der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg.
I.[6] Das als "Revision" eingelegte Rechtsmittel ist zulässig.
[7] 1. Das Kammergericht hat zu Recht die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, deren Prüfung durch den Bundesgerichtshof nicht von § 72 Abs. 2 FamFG ausgeschlossen ist (vgl. zu § 545 Abs. 2 ZPO BGH, Beschl. v. 5.3.2007 – II ZR 287/05, NJW-RR 2007, 1509 Rn 3 m.w.N.), gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (Brüssel II a-VO) bejaht. Ferner hat es zutreffend nach Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB deutsches Sachrecht angewandt.
[8] 2. Allerdings hätte das Kammergericht gemäß § 69 FamFG durch Beschluss entscheiden müssen, weshalb das als Revision bezeichnete Rechtsmittel als Rechtsbeschwerde zu behandeln ist.
[9] a) Entgegen der Auffassung des Kammergerichts findet auf das Rechtsmittelverfahren gemäß Art. 111 Abs. 5 FGG-RG das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.12.2008 (BGBl I S. 2586 – FamFG) Anwendung.
[10] Das Scheidungsverfahren ist bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anhängig gemacht worden, so dass gem. Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG altes Verfahrensrecht anzuwenden wäre, woran sich auch dadurch nichts ändert, dass die hier zur Überprüfung stehende Folgesache Zugewinnausgleich erst im Januar 2010 anhängig gemacht worden ist (vgl. etwa Schulte-Bunert/Weinreich/Schürmann, 3. Aufl., Art. 111 FGG-RG Rn 12). Abweichend von Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG sind jedoch gemäß Art. 111 Abs. 5 FGG-RG auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen – wie hier – am 31.8.2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1.9.2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geltenden Vorschriften anzuwenden.
[11] Zwar hat das Amtsgericht das hier angefochtene Teilurteil im Juli 2010, also vor dem in Art. 111 Abs. 5 FGG-RG genannten Stichtag und damit zutreffend auf der Grundlage alten Verfahrensrechts verkündet. Art. 111 Abs. 5 FGG-RG findet jedoch auch auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung, wenn die angefochtene Entschei...