§ 802l ZPO n.F. schafft eine für die Praxis wesentliche Erweiterung der Informationsmöglichkeiten und Befugnisse des Gerichtsvollziehers und ist vergleichbar mit § 236 Abs. 1 FamFG. Die Vorschrift ermöglicht erstmals die Beschaffung von Informationen über Vollstreckungsmöglichkeiten bei bestimmten Behörden, nämlich bei der gesetzlichen Rentenversicherung, dem Bundeszentralamt für Steuern und beim Kraftfahrt-Bundesamt.
Voraussetzungen hierfür sind:
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entsprechender Vollstreckungsantrag des Gläubigers auf Erholung dieser Auskünfte, §§ 754 Abs. 2, 802a Abs. 2 Nr. 3 ZPO n.F. |
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Die Vollstreckungsforderung muss mindestens 500 EUR betragen (ohne Vollstreckungskosten und Nebenforderungen, es sei denn, diese sind allein Gegenstand der Vollstreckung). |
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Der Schuldner kommt seiner Pflicht zur Vermögensauskunft nicht nach oder die Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände lässt eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nicht erwarten. |
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Die Informationserhebung bei den genannten Behörden muss zur Vollstreckung erforderlich sein. |
Mit "Vollstreckungsforderung" ist bei Teilzahlungen des Schuldners die noch offene Restforderung gemeint. Kleingläubiger sind durch den gesetzlichen Mindestbetrag benachteiligt. Die Forderungsuntergrenze dient zur Wahrung des Sozialdatenschutzes gegenüber Kleinforderungen und der Entlastung des Gerichtsvollziehers sowie der auskunftspflichtigen Behörden.
Eine bloße Pfandlosigkeitsbescheinigung reicht für die Auskunft bei Dritten nicht aus. Der Schuldner muss jedenfalls zur Abgabe der Vermögensauskunft aufgefordert worden sein. Sonst können die Voraussetzungen des § 802l ZPO n.F. nicht erfüllt werden.
Problematisch ist, wann eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nach dem Inhalt der Vermögensauskunft nicht zu erwarten ist. Dazu wird vertreten, dass der zu erwartende nicht befriedigbare Restbetrag der Vollstreckungspfändung ebenfalls mindestens 500 EUR betragen muss. Sonst würde der Gläubiger privilegiert, der gleich die Vermögensauskunft beantragt, gegenüber dem Gläubiger, der zunächst teilweise erfolgreich vollstreckt und dessen Restforderung dann unter 500 EUR fällt.
§ 805l Abs. 1 S. 1 ZPO n.F. ermöglicht die Abfrage von Sozialdaten des Schuldners bei der gesetzlichen Rentenversicherung, insbesondere den Namen und die Anschrift der derzeitigen Arbeitgeber eines sozialversicherungspflichtigen Schuldners. Der Gerichtsvollzieher muss nicht den zuständigen Rentenversicherungsträger ermitteln. Es genügt die Anfrage bei einem der gesetzlichen Versicherungsträger. Sollte dieser unzuständig sein, leitet er seinerseits die Anfrage an den zuständigen Träger weiter, der die entsprechenden Daten an den Gerichtsvollzieher übermittelt.
Die Auskunft über die Konten und Depots des Schuldners erfolgt über das Bundeszentralamt für Steuern, § 802l Abs. 1 Nr. 2 ZPO n.F.
Ob der Schuldner Halter von Kraftfahrzeugen ist, kann beim Kraftfahrt-Bundesamt erfragt werden, § 802l Abs. 1 Nr. 3 ZPO n.F.
Der Gerichtsvollzieher muss die erlangten Daten unverzüglich an den Gläubiger weiterleiten. Er muss binnen vier Wochen auch den Schuldner informieren. Deswegen ist es für den Gläubiger wichtig, dass er sofort nach Mitteilung des Gerichtsvollziehers die entsprechenden Pfändungsmaßnahmen ausbringt, um z.B. zu vermeiden, dass der Schuldner noch seine Konten leert, sobald er vom Gerichtsvollzieher unterrichtet wurde, dass diese Informationen erholt wurden und dem Gläubiger damit bekannt sind.
Die Sperrfrist von zwei Jahren gilt nur für die wiederholte Vermögensauskunft des Schuldners. Sie gilt nicht für Fremdauskünfte nach § 802l Abs. 1 ZPO n.F. Diese sind jederzeit möglich.
Für jede vom Gerichtsvollzieher erholte Auskunft fallen Gebühren von 10 EUR an (§ 10 Abs. 2 S. 2 GvKostG, Nr. 440 KVGv).