Das Verfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO unterscheidet sich in mehreren Punkten von demjenigen nach Abs. 1 der Norm. Es ist auf eine Streitschlichtung in Fällen angelegt, in denen die Beteiligten weniger über rechtliche und in erster Linie über tatsächliche Fragen uneins sind.
a) Beweisaufnahme nur durch Sachverständigenbeweis
Anders als nach § 485 Abs. 1 ZPO ist die Beweisaufnahme im Verfahren nach Abs. 2 der Vorschrift nur durch Sachverständigengutachten möglich. Die Norm spricht sogar nur von einem schriftlichen Sachverständigengutachten. Das schließt aber eine mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen nicht aus. Diese ist vielmehr ausdrücklich vorgesehen, § 492 Abs. 3 ZPO.
Die Beschränkung auf die Beweisführung durch Sachverständige schränkt den Anwendungsbereich gegenüber dem Verfahren nach § 485 Abs. 1 ZPO ein. Im Wesentlichen kommt die Beweisaufnahme in Güterrechtssachen und sonstigen Familiensachen in Betracht. In Unterhaltssachen spricht der laufende Bedarf an Unterhaltszahlungen gegen die Vorschaltung eines eigenständigen Verfahrens zur Beweiserhebung. Außerdem wird es in der Praxis kaum vorkommen, dass die Unterhaltshöhe nach den Vorstellungen der Beteiligten nur von wenigen, klar umgrenzten Umständen abhängt, nach deren Klärung schnell eine Einigung gefunden werden kann.
b) Selbstständiges Beweisverfahren nur außerhalb eines anhängigen Rechtsstreits
Gem. § 485 Abs. 2 ZPO kann jede Partei die Einholung eines Sachverständigengutachtens unter anderem verlangen, um den Wert einer Sache feststellen zu lassen. Das muss außerhalb eines anhängigen Rechtsstreits erfolgen. Deshalb scheidet ein Vorgehen nach § 485 Abs. 2 ZPO aus, wenn der Zugewinnausgleich als Folgesache im Scheidungsverbund geltend gemacht wird. Wenn er dagegen nach rechtskräftiger Scheidung isoliert verfolgt werden soll, kommt das Verfahren grundsätzlich in Betracht. Allerdings darf dann auch kein Stufenantrag gestellt werden, weil im Stufenverfahren sämtliche Stufen gleichzeitig anhängig werden. Soweit vor der Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens also noch Auskünfte benötigt werden, die z.B. die Bewertung eines Unternehmens erst ermöglichen sollen, sollte ausnahmsweise kein Stufenantrag gestellt werden, sondern ein isolierter Auskunftsantrag. Nach rechtskräftiger Entscheidung über diesen Antrag ist kein Rechtsstreit mehr anhängig, so dass das selbstständige Beweisverfahren dann durchgeführt werden kann.
Bei dieser Vorgehensweise muss aber die drohende Verjährung im Blick behalten werden: nach Rechtskraft der Ehescheidung hemmt § 207 BGB die Verjährung nicht mehr. Auch die Erhebung des isolierten Auskunftsantrags hemmt die Verjährung nicht. Dagegen tritt durch Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens eine Hemmung der Verjährung ein, § 204 Nr. 7 BGB. Dabei ist aber zu beachten, dass der Anspruch in der Antragsschrift eindeutig zu bezeichnen ist, damit festgestellt werden kann, bezüglich welchen Anspruchs die Verjährung gehemmt werden soll. Das ist zu betonen, weil die Bezeichnung des Anspruchs nicht grundsätzlich Voraussetzung eines zulässigen Antrags auf Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens ist. Sie ist aber zur Individualisierung des Anspruchs für die materiell-rechtliche Verjährungsprüfung erforderlich. Wenn durch das selbstständige Beweisverfahren die Verjährung gehemmt werden soll, muss außerdem die zeitliche Grenze der Hemmung im Auge behalten werden: gemäß § 204 Abs. 2 BGB endet diese 6 Monate nach der Beendigung des Verfahrens. Wann ein selbstständiges Beweisverfahren endet, ist aber in der Praxis oft nicht leicht festzustellen (s. unten 5.).
c) Rechtliches Interesse an der Beweiserhebung
Als weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit des selbstständigen Beweisverfahrens muss ein rechtliches Interesse an der Durchführung der Beweiserhebung bestehen. Das ist nach § 485 Abs. 2 S. 2 ZPO der Fall, wenn das Verfahren der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Dieses Merkmal ist großzügig auszulegen. Ein Rechtsstreit kann nach der Rechtsprechung zum Beispiel auch dann vermieden werden, wenn das selbstständige Beweisverfahren nicht zu dem vom Antragsteller vermuteten Ergebnis führt und er deshalb möglicherweise von einem gerichtlichen Verfahren Abstand nimmt. Ein rechtliches Interesse kann auch nicht deshalb verneint werden, weil der Antragsgegner seine Einstandspflicht leugnet, Verjährung geltend macht oder jegliche gütliche Einigung im Vorfeld ablehnt. Die Rechtsprechung verneint das rechtliche Interesse vielmehr nur, wenn überhaupt kein Rechtsverhältnis, kein Anspruch ode...