In der Praxis ist manchmal festzustellen, dass das selbstständige Beweisverfahren kein Ende findet. Oft liegt das daran, dass die Beteiligten mehr oder weniger umfangreich zur Sache selbst vortragen. Das ist indessen nicht veranlasst und sollte vermieden werden.
Wann ein selbstständiges Beweisverfahren endet, lässt sich nach der Rechtsprechung des BGH oft erst in der Rückschau beurteilen. Das ist besonders wegen der verjährungshemmenden Wirkung des Verfahrens sehr misslich: nach § 204 Abs. 2 BGB endet die Hemmung 6 Monate nach Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens. Es wäre daher schon von Interesse, rechtzeitig zu wissen, wann das Verfahren zu Ende ist. Nach dem BGH gilt:
Zitat
"Eine förmliche Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens ist im Gesetz nicht vorgesehen. Ein anderer Abschluss als die Sicherung eines bestimmten Beweises findet nicht statt. Ein selbstständiges Beweisverfahren ist beendet, wenn die Beweissicherung sachlich erledigt ist. Erfolgt die Beweiserhebung durch ein schriftliches Sachverständigengutachten, ist das selbstständige Beweisverfahren mit dessen Übersendung an die Parteien beendet, wenn weder das Gericht nach § 411 Abs. 4 S. 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme gesetzt hat noch die Parteien innerhalb eines angemessenen Zeitraums Einwendungen dagegen oder das Gutachten betreffende Anträge oder Ergänzungsfragen mitteilen. In den letztgenannten Fällen endet die Hemmung erst zu einem späteren Zeitpunkt. Ob die Beendigung des Verfahrens durch derartige Schritte hinausgeschoben worden ist, lässt sich naturgemäß erst bei rückschauender Betrachtung beurteilen.“ (…) "Haben die Parteien rechtzeitig Einwendungen gegen das im selbstständigen Beweisverfahren erstattete Gutachten erhoben, ist – sofern nicht eine weitere Beweisaufnahme stattfindet – das selbstständige Beweisverfahren jedenfalls dann beendet, wenn der mit der Beweisaufnahme befasste Richter zum Ausdruck bringt, dass eine weitere Beweisaufnahme nicht stattfindet und dagegen innerhalb angemessener Frist keine Einwände erhoben werden"."
Die "angemessene" Frist ist gesetzlich wiederum nicht geregelt und wird auch vom BGH nicht näher spezifiziert. Die Rechtsprechung nimmt Zeiträume zwischen einem und sechs Monaten an. Dabei soll es auf die Komplexität und den Umfang des Verfahrens ankommen.
Diese flexible Handhabung schafft, wie gesagt, Unsicherheit in Bezug auf die Verjährung. Der Beteiligte, der die Verjährung vermeiden oder das Ende des Verfahrens aus sonstigen Gründen herbeiführen möchte, hat verschiedene Möglichkeiten dafür. Er kann natürlich ein Hauptsacheverfahren (insbesondere durch einen negativen Feststellungsantrag) einleiten, was allerdings mit Kosten verbunden ist und durch das selbstständige Beweisverfahren ja eigentlich gerade vermieden werden sollte. Er kann auch das Gericht bitten, eine angemessene Frist für weitere Stellungnahmen gem. § 411 Abs. 4 S. 2 ZPO zu setzen. Nach deren Ablauf ist das Verfahren dann beendet, wenn die Fristsetzung formgerecht erfolgt ist – sie muss vom Richter namentlich unterzeichnet sein – und den Beteiligten ordnungsgemäß zugestellt wurde.
Das Gericht kann im Anschluss an die Beweisaufnahme eine mündliche Verhandlung gemäß § 492 Abs. 3 ZPO bestimmen, um einen Vergleich zu protokollieren. Es spricht nichts dagegen, in diesem Verfahren auch eine Verweisung an den Güterichter (§ 278a ZPO) in Betracht zu ziehen. Auch § 287 Abs. 6 ZPO ist anwendbar. Im Anwaltsverfahren – also in allen Ehe- und Familienstreitsachen – ist aber der Anwaltszwang zu beachten: ein nicht vertretener Beteiligter kann in diesen Verfahren deshalb keinen Vergleich abschließen (s. oben).
Das selbstständige Beweisverfahren kann weder einseitig noch übereinstimmend für erledigt erklärt werden. Wenn die Beteiligten es übereinstimmend für erledigt erklären, wird das Gericht es nicht weiter betreiben, ohne allerdings von sich aus eine Kostenentscheidung zu treffen. Die einseitige Erledigungserklärung ist in eine Antragsrücknahme umzudeuten, mit der Kostenfolge nach § 269 Abs. 3 ZPO analog.