Jochem Schausten
Der Anwaltstag im Jahr 2020 steht unter dem Motto: "Die Kanzlei als Unternehmen". Damit legt der Deutsche Anwaltverein den Fokus auf die unternehmerische Seite der anwaltlichen Tätigkeit.
Und da wir uns gerade am Beginn des neuen "Geschäftsjahres" befinden, erlaube ich mir folgende Fragen:
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Haben Sie für dieses Jahr bereits Ihren Umsatz geplant? |
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Haben Sie sich Gedanken gemacht, wieviel Gewinn Sie gerne mit Ihrer anwaltlichen Tätigkeit in diesem Jahr erwirtschaften wollen? |
Wenn Sie dies bisher noch nicht getan haben, ist jetzt sicher ein guter Zeitpunkt, darüber nachzudenken.
Mancher wird mich jetzt gerne fragen wollen: Was soll das – Umsatz planen? Wie soll das – gerade im Familienrecht – gehen? Umsatz hängt doch ausschließlich davon ab, welche Mandanten sich zukünftig für mich entscheiden. Das lässt sich doch nicht planen!
Aus meiner Erfahrung heraus sage ich Ihnen: überraschenderweise lässt Umsatz sich doch planen. Zugegeben, nicht auf den Euro genau – aber zumindest die Größenordnung, die Sie erreichen wollen. Ein solcher geplanter Umsatz dient dazu, dass Sie regelmäßig kontrollieren können, ob Sie sich noch "im Plan" befinden – und ggfs. rechtzeitig gegensteuern können, wenn das nicht der Fall ist.
Ein solcher Plan bedarf auch eines wesentlich geringeren Aufwandes, als viele denken. Ermitteln Sie zuerst die jährlichen Kosten, die Ihre Kanzlei verursacht. Nehmen wir für eine Beispielsrechnung einfach mal an, dass Ihre Kanzlei / Ihr Dezernat jährliche Kosten von 60.000 EUR verursacht. Damit haben wir eine erste Zahl.
Jetzt überlegen Sie sich, wieviel Sie brutto verdienen wollen. Nehmen wir mal an, dass Sie ein "Gehalt" von 72.000 EUR im Jahr als erstrebenswert erachten – dann haben wir Ihren Zielumsatz schon ermittelt: nämlich 132.000 EUR.
Eine abstrakte Zahl – nicht wahr? Was machen wir jetzt damit? Ganz einfach: Gehen wir mal davon aus, dass Sie wie die meisten Arbeitnehmer 220 Arbeitstage pro Jahr arbeiten werden – davon streichen wir noch 20 für Fortbildung, Krankheit und andere Unbill. Bleiben 200 Tage, an denen Sie Umsatz generieren können. Im Durchschnitt sollten Sie also ab dem 2. Januar an jedem Arbeitstag 660 EUR Netto-Umsatz generieren, wenn Sie am Jahresende die 132.000 EUR erreichen wollen. So kleingerechnet sieht die Zahl doch schon viel handhabbarer aus, nicht wahr?
Mein Tipp: Machen Sie es sich zu einer Gewohnheit, abends bevor Sie den Computer ausschalten, sich folgende Fragen zu beantworten: Habe ich heute einen Umsatz in Höhe von 660 EUR generiert durch meine Tätigkeit? Habe ich heute Rechnungen im Umfang von 660 EUR geschrieben? Wenn Sie beide Fragen werktäglich mit "Ja" beantworten – machen Sie entspannt weiter!
Wenn Sie an mehreren Tagen hintereinander keine der Fragen mit "Ja" beantworten können, checken Sie mal Ihren Kalender, ob und ggfs. welche neuen Sachen angemeldet sind. Lassen die neuen Sachen eine Umsatzverbesserung erwarten? Wenn auch hier kein Hoffnungsschimmer zu sehen ist, nehmen Sie sich möglichst schnell die Zeit, um darüber nachzudenken, was Sie tun können, um das Mandatsaufkommen zu erhöhen? Mehr Werbung, mehr Marketing und ähnliches! In jedem Fall gibt Ihnen diese Vorgehensweise die Möglichkeit, frühzeitig einer Umsatzflaute gegenzusteuern.
Wichtig ist aber auch folgender Effekt: allein die regelmäßige gedankliche Beschäftigung mit diesen Fragen führt schleichend aber sicher dazu, dass Ihr Unterbewusstsein Ihnen die Akten ins Bewusstsein ruft, in denen noch Umsatz steckt – entweder weil Sie vergessen haben, zeitnah abzurechnen, oder weil in der Akte noch etwas zu tun ist, was Umsatz generiert.
Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches Jahr!
Autor: Jochem Schausten
Jochem Schausten, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Krefeld
FF 1/2020, S. 1