Wie Abfindungen im Verhältnis von Unterhalt und Zugewinn zu behandeln sind, ist trotz dieser Entscheidungen noch nicht abschließend und einheitlich geklärt. Dies gilt insbesondere für den Umlagezeitraum. Hierzu ist die Feststellung des OLG Hamm "die Abfindung dient folglich dazu, die bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse vorübergehend aufrechtzuerhalten, weshalb sie zeitlich so zu verteilen ist, dass der angemessene Bedarf des Unterhaltsberechtigten und des Unterhaltspflichtigen in bisheriger Höhe sichergestellt bleibt (Wendl/Dose, a.a.O., § 1 Rn 94)" zwar als Obersatz richtig, führt jedoch für sich allein bei der anwaltlichen Fallbearbeitung nicht zu einem belastbaren Ergebnis.
Die Fälle der – vollständigen oder teilweisen Aufstockung – sind für die anwaltliche Bearbeitung problematisch, weil zwar das Gericht in seiner Entscheidung seine eigene Prognose umsetzt, diese Prognose des Gerichts aber anwaltsseitig vorhergesehen werden soll. Auf Antragstellerseite gilt es innerhalb der güterrechtlichen Verjährungsfrist denjenigen Restbetrag geltend zu machen, der – voraussichtlich – nicht bereits für den Unterhalt verbraucht wird.
Das OLG Karlsruhe hat eine Abfindung aufgeteilt in den geschätzten Anteil, der für Unterhalt einzusetzen ist und in den Restbetrag, der in den Zugewinnausgleich fällt. Das Problem des Umlagezeitraum besteht darin, dass es sich insoweit um eine Prognoseentscheidung handelt, die immer mit Unsicherheiten verbunden ist und letztlich nicht mehr über den Zugewinn korrigiert werden kann, wenn die Prognose sich als unzutreffend erweist (und der Zugewinnausgleich rechtskräftig entschieden oder bestandskräftig geregelt ist). Es kann letztlich nur anhand der jeweiligen Einzelfallumstände gelöst werden.
Unabhängig davon stellt sich immer die Frage, wohin man – gleich, auf welcher Seite man steht – zur Vermeidung einer Doppelverwertung steuert (Unterhalt oder Zugewinnausgleich?) und welche Möglichkeiten hier überhaupt bestehen.
Erstens gilt es also – dem Grunde nach – für jede Partei und deren anwaltliche Vertretung zu vermeiden, dass es zu einer Benachteiligung durch eine Doppelberücksichtigung bzw. eine doppelte Nichtberücksichtigung kommt (rechtliche Prüfung).
Zweitens geht es darum, der Höhe nach möglichst Einfluss auf den Lösungsweg zu nehmen, weil es auch hier zu Nachteilen kommen kann, die anhand der Umstände des Einzelfalls aufzuspüren und zu vermeiden sind (Zweckmäßigkeitsüberlegung).
Zur Doppelverwertung (rechtliche Prüfung) ist die Position des Bundesgerichtshofs klar: Soweit sich das Doppelverwertungsverbot nicht aus der einzigen Spezialvorschrift hierzu des § 2 Abs. 4 VersAusglG ergibt – eindeutiger Vorrang des Versorgungsausgleichs gegenüber dem Zugewinnausgleich – folgt es aus dem übergeordneten Grundsatz aus § 242 BGB, wonach eine doppelte Teilhabe unbillig ist. Dieser übergeordnete Grundsatz legt jedoch – im Gegensatz zu § 2 Abs. 4 VersAusglG – keine Präferenz i.S. eines Vorrangs des einen oder anderen in Betracht kommenden Ausgleichssystems fest. Daran ändert nichts, dass nach der Vorstellung von Ehegatten die Sicherung des Lebensbedarfs grundsätzlich Vorrang vor der Teilhabe am Vermögen hat. Die Ehegatten sind nicht gehindert, die Abfindung anders zu regeln, Hauptsache, es kommt nicht zu einer Doppelverwertung.
Daraus folgt: Wenn es gelingt, die Abfindung aktiv rechtssicher in dem einen oder anderen Ausgleichssystem (Unterhalt oder Zugewinnausgleich) unterzubringen, ist sie jedenfalls mit dem entsprechenden Betrag vor der (dann nochmaligen) Verwertung in dem anderen Ausgleichssystem gesperrt. Wenn sie z.B. als Zugewinn ausgeglichen wird, bleiben die oben dargelegten Grundsätze des Bundesgerichtshofs zur Abfindung im Unterhalt zwar richtig, gelangen aber nicht zur Anwendung.
In diesem Zusammenhang steht eine aktuelle Entscheidung des OLG Saarbrücken:
Zitat
"Die einem Ehegatten anlässlich der Auflösung eine Arbeitsvertrages zugeflossene Abfindung kann mit dem zum Stichtag für das Endvermögen maßgeblichen Betrag eine im Zugewinn auszugleichende Vermögensposition sein, soweit mangels Einbeziehung der Abfindung in eine Unterhaltsregelung das Doppelverwertungsverbot nicht greift und der Ausgleichspflichtige aufgrund einer stichtagsbezogenen Prognose darauf weder zur Deckung seines eigenen Unterhaltsbedarfs noch desjenigen anderer Unterhaltsberechtigter angewiesen ist."
Zum Sachverhalt:
M hatte mit 55 Jahren mit seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag geschlossen, eine Abfindung von netto 153231,43EUR erhalten, diese bis zur Zustellung des Scheidungsantrags teilweise für seinen Lebensunterhalt verbraucht und den Rest in Aktien investiert. M und F stritten in der Folgesache Zugewinnausgleich, ob die Aktien zugunsten der F zu berücksichtigen seien, soweit der Wert nicht durch sein Anfangsvermögen kompensiert wurde. F machte keinen Unterhalt geltend, beabsichtigte dies auch für die Zukunft nicht und es bestand mangels Bedürftigkeit auch kein Unterhaltsanspruch. F obsiegte in be...