1. Weitere Vereinheitlichung der unterhaltsrechtlichen Leitlinien
Hinsichtlich der bereits im vergangenen Jahr thematisierten Frage einer stärkeren Angleichung der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der einzelnen Oberlandesgerichte haben sich erfreuliche Entwicklungen ergeben:
Die Vertreter der Oberlandesgerichte stimmen darin überein, dass die unterhaltsrechtlichen Leitlinien nicht nur in ihrer Struktur und ihrem Aufbau, sondern auch in ihrem Inhalt stärker aneinander angeglichen werden sollen. Es soll darauf geachtet werden, dass das, was in den Leitlinien einheitlich gemeint ist, auch einheitlich – möglichst gleichlautend – formuliert wird. Weiter soll versucht werden, in einzelnen Punkten eine stärkere Angleichung, auch im Wortlaut, herbeizuführen. Allerdings besteht die feste Überzeugung, dass eine bundeseinheitliche Leitlinie nicht erstrebenswert ist. Denn dadurch würde die Gefahr verstärkt, dass die Leitlinien als eine Art von "Ersatznormierung" angesehen werden, was unbedingt zu verhindern ist. Angestrebt werden soll, dass sich die bisherige "Leitlinienlandschaft" schrittweise verdichtet zu Gruppen von einheitlichen oder weitgehend einheitlichen Leitlinien ähnlich dem "Muster" der Süddeutschen Leitlinien.
Eine derartige Entwicklung hin zu einer stärkeren Vereinheitlichung der Leitlinien zeichnet sich aktuell in Niedersachsen ab: Nachdem ein erster Versuch 2018 noch scheiterte, haben die drei niedersächsischen Oberlandesgerichte Braunschweig, Celle und Oldenburg kürzlich einen neuen Anlauf genommen, die Pläne aktiv zu fördern. Perspektivisch ist denkbar, dass künftige, vereinheitlichte niedersächsische Leitlinien auf umliegende, benachbarte Oberlandesgerichtsbezirke ausstrahlen und auf diese Weise zur Grundlage eventueller "Norddeutscher" oder "Nordwest-" bzw. "Nordostdeutscher Leitlinien" werden könnten.
2. Einzelne Bestimmungen in den Leitlinien
a) Zu § 7a UVG: Rechtsverfolgungssperre
Vor dem Hintergrund von mehreren aktuellen Entscheidungen zu § 7a UVG haben die Vertreter der Oberlandesgerichte erörtert, ob es sinnvoll ist, die Leitlinien um eine Regelung im Hinblick auf die Rechtsverfolgungssperre des § 7a UVG zu ergänzen. Einen Hinweis auf diese Vorschrift findet sich bislang lediglich in Nr. 2.11 der Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt/M. Als problematisch erscheinen weniger Konstellationen ähnlich denjenigen, die den drei ergangenen Entscheidungen zugrunde lagen – dort haben die betroffenen Unterhaltsschuldner jeweils über den gesamten, verfahrensgegenständlichen Unterhaltszeitraum hinweg durchgängig lediglich Leistungen nach dem SGB II bezogen –, sondern Fälle, in denen der Unterhaltsschuldner nur während einzelner Abschnitte des Unterhaltszeitraums im SGB II-Bezug stand. Weiter ist wohl auch zu bedenken, dass in der Praxis die Unterhaltsvorschusskasse den Unterhaltsschuldner vor der Einleitung des familiengerichtlichen Verfahrens regelmäßig wiederholt dazu aufgefordert haben dürfte, sich zu seiner Einkommenssituation zu erklären und das gerichtliche Verfahren, nachdem die materielle Rechtslage geklärt ist, regelmäßig nur deshalb eingeleitet worden ist, weil der SGB II-Bezug schlicht unbekannt war: Die Nachlässigkeit des Unterhaltsschuldners könnte bei der zu treffenden Kostenentscheidung zu seinen Ungunsten zu berücksichtigen sein (§ 243 Satz 2 Nr. 2 FamFG). Beschlüsse wurden nicht gefasst.