Trotz der großen Verbreitung der Schiedsgerichtsbarkeit erstaunt es, dass trotz der schon 1977 eingerichteten Familiengerichte und Einführung auch das Fachanwaltes für Familienrecht es bis zum Jahr 2006 gedauert hat, bis erstmalig für Familiensachen ein ständiges Schiedsgericht eingerichtet wurde. Die Vereinbarung einer Schiedsgerichtsklausel in notariellen Verträgen war zwar schon immer wieder zu beobachten, aber es waren individuell vereinbarte Schiedsgerichte. Der Grund für diese lange Zeit des Untätigseins liegt u.U. in der Tatsache, dass mit dem Begriff der Familiensachen sich stets die Scheidung oder auch der Streit über die elterliche Sorge verbindet, diese Bereiche als nicht schiedsfähig gefühlt werden. Und auch die Einrichtung spezieller staatlicher Gerichte (Familiengerichte) könnte ein Grund gewesen sein, bis 2006 untätig zu bleiben. Die stets wachsende Zahl der Fachanwälte für Familienrecht mit ihrem berechtigten Zwang der jährlichen Fortbildung ebenso wie die immer stärker auch von der Justiz regional angebotene Mediation sind wohl mit dafür verantwortlich, dass inzwischen auch die Schiedsfähigkeit vieler familienrechtlicher Ansprüche anerkannt ist.

3. 3.1 Das Süddeutsche Familiengericht

Das Süddeutsche Familienschiedsgericht wurde im Frühjahr 2006 für den OLG Bezirk München gegründet (www.familienschiedsgericht.de). Die Besonderheit ist – neben der Tatsache, dass es das erste Schiedsgericht für Familiensachen in Deutschland ist –, dass es dem Rechtssuchenden zwei Schiedsrichter zur Verfügung stellt. Es ist nach der Schiedsgerichtsordnung ausschließlich zuständig für unterhaltsrechtliche und vermögensrechtliche Auseinandersetzungen zwischen Eheleuten/Lebenspartnern. Bei Streitigkeiten bis 100.000 EUR in Unterhalts- oder vermögensrechtlichen Streitigkeiten entscheidet der Einzelrichter, bei darüber hinausgehenden Werten das mit beiden Schiedsrichtern besetzte Gericht. Als Einzelrichter ist Vorsitzender Richter am OLG a.D. Dr. Gerhardt für Unterhaltsstreitigkeiten und für vermögensrechtliche Auseinandersetzungen Leitender Richter des FamG München a.D. Dr. Werner Schulz berufen. Grundsätzlich finden die Verhandlungen in München statt, es können aber andere Verhandlungsorte vereinbart werden.

3. 3.2 Schiedsgericht der Cooperation

Im Jahr 2007 wurde ein weiteres Schiedsgericht für Familiensachen gegründet durch die COOPERATION, einem 1997 gegründeten Verbund von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die sich auf das Familien-, Erb- und Steuerrecht spezialisiert haben und bundesweit zusammenarbeiten ( www.cooperation-fam.de ). Anders als das Süddeutsche Familienschiedsgericht verfügt das Schiedsgericht der COOPERATION über eine große Zahl von Schiedsrichtern in ganz Deutschland, denn es können alle Mitlieder der COOPERATION als Schiedsrichter tätig werden – natürlich nur, wenn es nicht ihr eigener Fall ist. Grundsätzlich entscheidet das Schiedsgericht durch einen Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin als Schiedsrichter, was eine sehr schnelle und auch kostengünstige Erledigung gewährleistet. Die Parteien können aber auch ein erweitertes Schiedsgericht vereinbaren. Das erweiterte Schiedsgericht setzt sich aus zwei Rechtsanwälten und einem Berufsrichter zusammen. Die COOPERATION hat die Zusage zur Mitwirkung vieler aktiver und auch pensionierter Berufsrichter – vorrangig aus der 2. Instanz der Familiengerichtsbarkeit – erhalten (vgl. Namensliste auf der Homepage). Gegenstand des Verfahrens können alle schiedsfähigen Ansprüche, nicht aber die Scheidung, der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich und Kindschaftssachen sein. Bedingt durch die hohe Anzahl von qualifizierten Juristen kann das Schiedsgericht dem jeweiligen Anspruch korrespondierend mit einem oder mehreren Spezialisten besetzt werden.

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