Einführung
Die Frage nach einer Rechtsschutzversicherung gehört zum Standardrepertoire jedes z.B. im Verkehrsrecht tätigen Rechtsanwalts.
Im Familienrecht ist in den meisten Checklisten zur Mandatsaufnahme hierzu überhaupt nichts vorgesehen.
Zu Unrecht: Auch für den Scheidungsanwalt ist die Rechtschutzversicherung interessant.
Es soll mit dem Beitrag näher dargestellt werden, welche Bereiche im familienrechtlichen Mandat mit einer Rechtsschutzversicherung abgedeckt werden können und welche versicherungsrechtlichen Problemstellungen hierbei auftreten.
1. Allgemeines zur Natur der Rechtsschutzversicherung
a)
Die Rechtsschutzversicherung ist ihrer Natur nach eine Schadenversicherung.
Im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) findet sich ihre gesetzliche Regelung in den §§ 158 l bis 158 o, also im zweiten Abschnitt des Gesetzes, der die Schadenversicherung regelt. Der Gesetzgeber hat durch diese Einordnung deutlich den Charakter als Schadenversicherung hervorgehoben. Grundsätzlich gelten für die Rechtsschutzversicherung die §§ 49 bis 80 VVG.
b)
Welcher Anspruch lässt sich hieraus ableiten?
Grundsätzlich hat der Versicherer im Versicherungsfall zwei Leistungen zu gewähren:
- ein Anspruch auf Sorgeleistung, die sich gewissermaßen als Servicefunktion aus dem Versicherungsvertrag ergibt, also beispielsweise Hilfe bei der Auswahl des Rechtsanwalts u.a.;
- ein Anspruch auf Kostenbefreiung, der in der Praxis den wesentlichen Umfang des Leistungsverhältnisses ausmacht.
c)
Dieser zuletzt genannte Anspruch auf Kostenbefreiung wird in der Praxis durch die sog. Deckungszusage gewährleistet.
Danach bestätigt der Rechtsschutzversicherer den Umfang des für den Rechtsschutzfall bestehenden Versicherungsschutzes, in der Regel durch schriftliche Mitteilung.
Der Versicherungsnehmer hat auf die Erteilung der Deckungszusage einen klagbaren Anspruch (vgl. u.).
Für die anwaltliche Praxis bedeutsam ist, dass die Deckungszusage für jede Instanz gesondert einzuholen und vom Versicherer zu gewähren ist. Dies ermöglicht dem Rechtsschutzversicherer die Erfolgsaussichten erneut zu überprüfen (BGH r+s 1996, 275).
d)
Die Versicherungsbedingungen ("ARB" – Allgemeine Rechtsschutzbedingungen) sind in ihrer Entwicklung mehrfach grundlegend revidiert worden.
Bei sorgfältiger Arbeit ist insoweit in jedem Fall zu empfehlen, sich vom Mandanten die, seinem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Bedingungen vorlegen zu lassen. Zwischen den ARB 75, den ARB 94, den ARB 2000 und den in letzter Zeit teilweise insbesondere im familienrechtlichen Beratungsrechtsschutz völlig unterschiedlichen Produkten der Versicherer bestehen mitunter gravierende Unterschiede (s.u.).
2. Beteiligter Personenkreis
a)
Der Versicherungsnehmer ist der Vertragspartner des Versicherers im Versicherungsverhältnis.
Der Versicherungsnehmer hat in der Regel eine Bindungsfrist von einem Monat bei Antragstellung, welche gleichzeitig für den Rechtsschutzversicherer eine Annahmefrist ist. Der Rechtsschutzversicherer nimmt dann das Vertragsangebot des Versicherungsnehmers entweder ausdrücklich schriftlich, meist jedoch in der Praxis durch Übersendung der Versicherungspolice, an.
Der Versicherungsvertrag ist damit zustande gekommen (Policenmodell).
b)
Wichtig für die Praxis des Familienrechtlers sind die "mitversicherten Personen".
Nach § 74 Abs. 1 VVG kann der Versicherungsnehmer in eigenem Namen eine Versicherung auch für einen anderen abschließen, diesen also mit einbeziehen.
Es handelt sich dann um die im Versicherungsrecht sog. "mitversicherten Personen".
Im Bereich der Rechtsschutzversicherung sind mitversicherte Personen
- der Ehegatte des Versicherungsnehmers,
- der im Versicherungsschein (namentlich) genannte nichteheliche Lebenspartner
- sowie die minderjährigen und unverheirateten, volljährigen Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, soweit diese noch keine auf Dauer angelegte berufliche Tätigkeit ausüben und hierfür Entgelt erhalten.
Mitversicherte Lebenspartner sind je nach der Konzeption der einzelnen Versicherungsbedingungen
- der Ehepartner oder
- der eingetragene Lebenspartner nach LPG oder
- der im Versicherungsschein genannte sonstige Lebenspartner (§ 15 Abs. 2 oder Abs. 3 ARB 2002).
Die Unterscheidung zwischen Versicherungsnehmer und mitversicherter Person ist in der Praxis von immenser Bedeutung:
Nach den Risikoausschlüssen in § 3 Abs. 4 a und b ARB 2000 sind Streitfälle zwischen
- mehreren Versicherungsnehmern desselben Rechtsschutzversicherungsvertrages,
- versicherten Personen untereinander und – insoweit für die familienrechtliche Praxis am wichtigsten –
- mitversicherter Personen gegen den Versicherungsnehmer
vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Nicht ausgeschlossen sind Streitigkeiten des Versicherungsnehmers gegen die mitversicherte Person.
Entscheidend ist also die Frage, ob der Mandant selbst Versicherungsnehmer oder nur mitversicherte Person ist:
Ist er Versicherungsnehmer, kann ohne weiteres Rechtsschutzdeckung für eine schuldrechtliche Streitigkeit (also Versicherungsnehmer gegen mitversicherte Person) beantragt werden, was umgekehrt (mitversicherte Person gegen Versicherungsnehmer!) jedoch nicht möglich ist...