§ 78 Abs. 2 FamFG enthält mit dem Kriterium der "Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage" einen unbestimmten Rechtsbegriff, den die Rechtsprechung unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben auszufüllen hat. Nach dem Wortlaut des § 78 Abs. 2 FamFG ist die Erforderlichkeit der Beiordnung positiv festzustellen, sodass eine konkrete Einzelfallprüfung vorzunehmen ist. Allerdings basiert die Entscheidung, ob für eine beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung eine Beiordnung erforderlich ist, auf einer Prognose und setzt keine eingehenden Ermittlungen voraus ("erforderlich erscheint"). Für Sorge- und Umgangsverfahren lässt sich auf Grund der Vielzahl der unterschiedlichen Lebenssachverhalte weder ein allgemeingültiger Grundsatz dahingehend aufstellen, dass es sich regelmäßig um rechtlich und tatsächlich schwierige Verfahren handle, noch dahingehend, dass dies gerade nicht der Fall sei.
Zu einfach macht es sich aber der Gesetzgeber, wenn er in den Drucksachen darauf hinweist, dass es im Rahmen der Entscheidung nach § 78 Abs. 2 FamFG regelmäßig weder auf die anwaltliche Vertretung eines anderen Beteiligten noch auf die Schwere des Eingriffes ankomme und die subjektiven Fähigkeiten des Antragstellers überhaupt nicht berücksichtigen will. Eine Beschränkung der Anwaltsbeiordnung auf Fälle mit schwieriger Sach- und Rechtslage – ohne hinreichende Berücksichtigung des Grundsatzes der prozessualen Waffengleichheit, der Bedeutung der Sache und der Schwere des Eingriffes sowie der subjektiven Fähigkeiten des Antragstellers – wird den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gerecht.
Für die Frage, ob ein Anwalt in Sorge- und Umgangsverfahren beizuordnen ist, muss daher entscheidend sein, ob "ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte". An den bislang maßgeblichen Kriterien der subjektiven Fähigkeiten des Beteiligten, der Bedeutung der Sache und der Schwere des Eingriffes, der anwaltlichen Vertretung der Gegenseite sowie der Komplexität des Sachverhaltes und der Schwierigkeit der zu beantwortenden Rechtsfragen ist aus verfassungsrechtlichen Gründen festzuhalten. Ob eine Beiordnung in Sorge- und Umgangsverfahren geboten ist, wird im Ergebnis von dem konkreten Einzelfall abhängen; unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben ist eine Beiordnung aber beispielsweise dann erforderlich, wenn beide Eltern die Übertragung der elterlichen Sorge auf sich allein beantragen oder ein Elternteil die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge oder eine wesentliche Umgestaltung des Umgangs beantragt und der andere Elternteil dem entgegentritt.
Ob sich eine so weitgehende Auslegung des § 78 Abs. 2 FamFG, die erforderlich wäre, um den verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht zu werden, noch mit dem Wortlaut und dem klar geäußerten Willen des Gesetzgebers vereinbaren lässt, erscheint jedoch fraglich.