Mallory Völker, Monika Clausius
In weiten Bevölkerungskreisen (namentlich solchen mit einem streng christlichen Hintergrund ) bestehen nach wie vor Vorbehalte gegen die gemeinschaftliche Adoption eines Minderjährigen durch Gleichgeschlechtliche.
Ein Vorbehalt besteht darin, dass für diese Kinder eine besondere Gefahr gesehen wird, Opfer sexuellen Missbrauchs durch die Adoptiveltern zu werden. Ferner besteht die Befürchtung, dass Kinder, die bei homosexuellen Eltern aufwachsen, keine normale sexuelle Entwicklung erfahren und ein erhöhtes Risiko tragen, selbst homosexuell zu werden. Schließlich wird eine besondere Instabilität der Verhältnisse der Partnerschaften mit potenziell negativen Folgen für das Kind reklamiert. Auch eine mögliche Stigmatisierung der Kinder, die in solchen Lebensgemeinschaften aufwachsen, wird befürchtet.
Viele dieser Vorbehalte haben sich heute als wissenschaftlich nicht belegbare Vorurteile erwiesen. So dürfen beispielsweise Homosexualität und Pädophilie nicht miteinander verwechselt werden. Durch mehrere Studien ist belegt, dass in ca. 90 % der Fälle der sexuelle Kindesmissbrauch durch heterosexuelle Männer an Mädchen begangen wird. Also müsste man hieraus eher den – natürlich nicht haltbaren – Schluss ziehen, dass heterosexuellen Männern ein Adoptionsrecht vorenthalten werden muss.
Nach heutigem Kenntnisstand wird ferner davon ausgegangen, dass Eltern auf die sexuelle Orientierung ihres Kindes keinen Einfluss haben. Auch liegt der prozentuale Anteil homosexueller Kinder bei homosexuellen Eltern nicht höher als bei Kindern heterosexueller Eltern.
Schließlich wurde eine besondere Instabilität homosexueller Partnerschaften mit der Folge potenziell negativer Einflüsse auf die Entwicklung der Kinder nicht belegt, ebenso wenig wie die Vermutung, dass homosexuelle Eltern weniger erziehungskompetent sind.
Die Gefahr der Stigmatisierung und dass die Kinder Anfeindungen aus dem gesellschaftlichen Umfeld ausgesetzt sein könnten, könnte zwar tatsächlich gegeben sein. Dieses Problem ist aber kein spezifisches Problem gemeinsam adoptierter Kinder, sondern betrifft alle Kinder, die in homosexuellen Partnerschaften aufwachsen. Insoweit dürfte außerdem davon auszugehen sein, dass durch die rechtliche Gleichstellung auch ein Abbau gesellschaftlicher Diskriminierung erreicht werden könnte.
Bislang konnte man sich hinsichtlich der aufgeworfenen Fragen nur auf sozialwissenschaftliche Untersuchungen aus den USA stützen, wo angeblich mehrere Millionen Kinder mit homosexuellen Eltern leben. Diese Untersuchungen belegen, dass Kinder in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften nicht weniger Entwicklungschancen haben und dieselbe Förderung erfahren wie Kinder mit verschiedengeschlechtlichen Eltern.
Nunmehr gibt es aktuelle, rechtstatsächliche Erkenntnisse auch aus Deutschland. Denn im Auftrag des BMJ wurde eine vor kurzem erst veröffentlichte Studie zur Situation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften erstellt. Gegenstand der Untersuchung war die Frage, wie Kinder in so genannten Regenbogenfamilien aufwachsen und ob das Kindeswohl in diesen Lebensgemeinschaften gleichermaßen gewahrt ist wie bei heterosexuellen Eltern.
Dies wurde durch die Studie bestätigt. Nach den Ergebnissen der Untersuchung sind "Regenbogeneltern" gleichermaßen gute Eltern wie andere an ihren Kindern interessierte Eltern. Persönlichkeitsentwicklung, schulische und berufliche Entwicklung der betroffenen Kinder verlaufen positiv. Sie entwickeln sich genauso gut wie Kinder aus heterosexuellen Beziehungen. Aus der Studie ergibt sich, dass es für das Kindeswohl nicht erforderlich ist, dass die Erziehung nach dem klassischen Rollen-Modell von verschiedenen Geschlechtern gleichermaßen übernommen wird. Maßgeblicher Einflussfaktor sei vielmehr eine gute Eltern-Kind-Beziehung unabhängig vom Geschlecht der Eltern. Die Studie hat damit bestätigt, dass in allen Familienformen die Beziehungsqualität in der Familie der bedeutsame Einflussfaktor für die kindliche Entwicklung ist. Kinder wachsen dort gut auf, wo ihnen Liebe und Aufmerksamkeit entgegengebracht wird, unabhängig von der sexuellen Identität der Eltern.