Mallory Völker, Monika Clausius
Die o.g., vom BMJ in Auftrag gegebene Studie gelangte auch zum Ergebnis, dass Nachteile für das Kindeswohl durch die Zulassung der gemeinschaftlichen Adoption eines fremden Kindes nicht zu erwarten sind, sondern die gemeinschaftliche Adoption für das Kindeswohl tatsächlich vorteilhaft ist. Dies gilt v.a. im Vergleich zu der – nach dem Gesetz zugelassenen – Adoption eines fremden Kindes durch einen der Lebenspartner allein (mit Zustimmung des anderen). In diesem Fall hat der andere (nur) das "kleine Sorgerecht" nach § 9 Abs. 1 LPartG, das ihm nur ein Mitspracherecht in Dingen des täglichen Lebens, nicht aber bei grundlegenden Erziehungs- und Betreuungsfragen gibt. Außerdem bleibt der andere Lebenspartner im Notfall allein mit der Verantwortung für das Kind. Dies dient eigentlich nicht dem Kindeswohl; für das Kind ist es regelmäßig vorteilhafter, von zwei Partnern gemeinsam adoptiert zu werden als nur von einem (nichtehelichen) Partner. Denn dann erfolgt eine rechtliche Absicherung gerade auch für den Falle einer Trennung oder auch des Todes eines Elternteils. Für einen adoptionswilligen homosexuellen Lebenspartner bedeutet dies u.U. auch eine Verminderung seiner Chancen auf eine Berücksichtigung bei der Vermittlung, da dieser im Hinblick auf die ohnehin sehr beschränkte Anzahl von zur Adoption freigegebenen Kindern mit einer Überzahl an adoptionswilligen Ehepaaren konkurriert, bei denen die genannten Risiken nicht bestehen.
Die derzeitige Rechtslage ist aber auch aus verfassungsrechtlicher Sicht problematisch. Zwar ist zweifelhaft, ob man die Zulassung der gemeinschaftlichen Fremdadoption für Lebenspartner mit dem Persönlichkeitsrecht der Annahmewilligen begründen kann. Denn aus dem Recht des einzelnen, ein sexuelles Leben nach seiner Wahl zu führen, folgt nicht ohne Weiteres auch ein Recht auf Kinder.
Eine der Dissertationen, die in den letzten Jahren zur verfassungsrechtlichen Dimension des Adoptionsrechts gleichgeschlechtlicher Paare erschienen sind, geht allerdings davon aus, dass die Beschränkung der gemeinsamen Adoption gem. § 1741 Abs. 2 S. 2 BGB auf Ehepaare (und der Ausschluss der eingetragenen Lebenspartner) gegen den verfassungsrechtlichen Familienschutz des Art. 6 Abs. 1 GG verstößt, da auch das Recht auf Gründung einer Familie durch die Norm geschützt sei.
Außerdem wird ein Verstoß der geltenden Vorschriften bezüglich der gemeinschaftlichen Adoption, insbesondere des § 1741 Abs. 2 BGB, wegen der Ungleichbehandlung von Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnern gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG reklamiert. In der Tat ist die Argumentation des Gesetzgebers in sich widersprüchlich: Einerseits wird das Aufwachsen in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft nach einer Stiefkindadoption durch den eingetragenen Lebenspartner oder nach einer Einzeladoption durch nur einen eingetragenen Lebenspartner als mit dem Kindeswohl vereinbar angesehen. Andererseits sollen aber einer gemeinsamen Adoption durch zwei eingetragene Lebenspartner die Kindeswohlinteressen entgegenstehen.
Unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG für problematisch halten kann man auch die Ungleichbehandlung des Adoptivkindes eines Ehegatten und des eines eingetragenen Lebenspartners, da in dem einen Fall eine Sukzessivadoption infrage kommt, im anderen (zumindest nach der bislang vorliegenden Rechtsprechung) nicht. Gleiches gilt – wie oben bereits ausgeführt – für die Ungleichbehandlung zwischen adoptierten und leiblichen Abkömmlingen des Lebenspartners, die sogar innerhalb einer Familie eine statusrechtliche Trennlinie zwischen den Familienmitgliedern verlaufen lässt.
Die derzeitige Regelung wird daher m.E. zu Recht als unangemessen angesehen. Auch Muscheler schreibt in seinem äußerst lesenswerten Beitrag zur Reform des Lebenspartnerschaftsrechts, dass aus seiner Sicht die Zeit reif sei für eine vollständige Angleichung der Lebenspartnerschaft an die Ehe.
Auch wenn dies politisch derzeit noch umstritten ist, so könnte möglicherweise im Hinblick auf das Verfassungsrecht sogar eine Pflicht des Gesetzgebers zur Nachbesserung der geltenden Rechtslage bestehen. Ein Handlungsauftrag wird in der Literatur z.T. aus der Entscheidung des BVerfG vom 7.7.2009 hergeleitet. Die genannte Entscheidung des BVerfG betraf die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft bei der VBL-Hinterbliebenenversorgung. Hierzu entschied das BVerfG, dass die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Bereich der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder zusatzversichert sind, mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sei. Aus dieser Entscheidung, die eine gewisse Kehrtwende zu den vorhergehenden höchstrichterlichen Entscheidungen darstellt, wird z.T. hergeleitet, dass auch beim Adoptionsrecht ein sachlicher Rechtfertigungsgrund erforderlich sei, um eingetragene Lebenspartner...