Die Vorschrift des Art. 111 Abs. 4 FGG-RG bezieht sich auf vom Entscheidungsverbund abgetrennte Versorgungsausgleichsverfahren.
Hat das Amtsgericht über abgetrennte VA-Verfahren bis zum 31.8.2009 nach altem Recht bereits entschieden, sind im Beschwerdeverfahren auch nach dem 1.9.2009 weiterhin die materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorschriften über den VA in der bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung (altes Recht) anzuwenden. Hingegen gilt neues materielles Recht (§ 48 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG) und nach Art. 111 Abs. 3 und 4 FGG-RG auch neues Verfahrensrecht für VA-Verfahren, die nach § 628 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–4 ZPO a.F. abgetrennt, ausgesetzt oder zum Ruhen gebracht wurden.
In der Praxis besteht Unklarheit darüber, wie die Folgesache Versorgungsausgleich, die vor dem 1.9.2009 vom Entscheidungsverbund abgetrennt oder ausgesetzt worden ist, mit Wirkung vom 1.9.2009 zu bearbeiten ist.
Nach der Spezialvorschrift des § 48 Abs. 2 VersAusglG, die Vorrang vor Art. 111 FGG-RG hat, findet auf abgetrennte und ausgesetzte Verfahren das neue materielle und prozessuale Recht Anwendung. Diese Vorschrift macht keine Aussage über die Bearbeitung der Verfahren in Familiensachen. Die Art der Bearbeitung ist vielmehr in der Vorschrift des Art. 111 Abs. 4 Satz 2 FGG-RG geregelt. Sie stellt ausdrücklich klar, dass alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen zukünftig als selbstständige Familiensachen fortgeführt werden. Das hat zur Konsequenz, dass sie neu eingetragen werden müssen, bevor eine Sachbearbeitung erfolgt; sie dürfen nicht mehr in dem ursprünglichen Verbundverfahren weiter bearbeitet werden.
Die in Art. 111 Abs. 4 Satz 2 FGG-RG von Gesetzes wegen erfolgte Auflösung des Verbundes aller Altverfahren im Versorgungsausgleich und die Fortführung als selbstständige Familiensache wirft verfahrensrechtliche Fragen auf.
Einerseits wird die Ansicht vertreten, dass diese VA-Verfahren weiterhin Folgesachen bleiben. Andererseits wird die Meinung vertreten, dass der Versorgungsausgleich mit der Abtrennung seinen Charakter als Folgesache verliert. Die hier aufgeworfene Rechtsfrage ist bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden. Folgt man der Ansicht, dass die Vorschrift des Art. 111 Abs. 4 Satz 2 FGG-RG eine echte Verfahrensabtrennung enthält, dass mithin jegliche Verbindung zur Scheidungssache aufgehoben wird, hat das zur Folge, dass die Kostenentscheidung den §§ 80 ff. FamFG folgt, der Rechtsanwaltszwang entfällt, die bereits bewilligte PKH nicht fortgilt, vielmehr muss sie neu beantragt werden, wobei für die Beiordnung eines Rechtsanwalts nunmehr § 78 Abs. 2 FamFG zum Tragen kommt und gebührenrechtlich das FamGKG zur Anwendung kommt. Die Beteiligten könnten ohne Anwaltszwang nunmehr sogar nach § 127a BGB eine Versorgungsausgleichsverzichtsvereinbarung abschließen. Denn die gerichtliche Protokollierung ersetzt die notarielle Beurkundung. Möglich wäre u.U. auch ein schriftlicher Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO analog.
Der Ansicht, dass eine echte Verfahrensabtrennung vorliegt, steht aber die Begründung des Bundestages zu Art. 22 FGG-RG entgegen, wonach Art. 111 Abs. 4 FGG-RG nur zur Klarstellung eingeführt worden ist. Neues Verfahrensrecht sollte auch dann zur Anwendung kommen, wenn die Versorgungsausgleichsfolgesache gemeinsam mit weiteren Folgesachen aus dem Verbund abgetrennt wird. Das von Gesetzes wegen abgetrennte Versorgungsausgleichsverfahren, das zukünftig selbstständig fortzuführen ist, behält unwandelbar seine Eigenschaft als Folgesache bei. Allein schon aus der Definition des Begriffs der Folgesache als eine Entscheidung für den Fall der Scheidung (§ 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG) muss es sich stets um eine Folgesache handeln.
Diese Rechtsansicht hat zur Folge, dass die Beteiligten ohne Rechtsanwälte keine Versorgungsverzichtsvereinbarung treffen können. Nach § 7 Abs. 1 VersAusglG bedarf an sich die Vereinbarung über den Versorgungsausgleich, die vor Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich geschlossen wird, der notariellen Beurkundung. Diese Formvorschrift wird gemäß § 127a BGB durch den gerichtlichen Vergleich, der durch die Verfahrensbevollmächtigten geschlossen wird, ersetzt.
Da die abgetrennte Folgesache Versorgungssache Versorgungsausgleich Folgesache bleibt, hat das folgende verfahrensrechtliche Auswirkungen: