aa) Staatliches Recht
Gewählt werden kann nur ein staatliches Recht, also beispielsweise englisches, französisches, pakistanisches oder israelisches Recht. Dieses kann dann allerdings seinerseits bei einer interpersonalen Rechtsspaltung auf nichtstaatliches Recht, wie z.B. religiöses Recht, verweisen. Zur Auswahl steht also zwar nicht direkt das jüdische Recht oder das islamische Recht (abgesehen davon, dass es ein einziges islamisches Recht nicht gibt). Über die Wahl eines staatlichen Rechts, wie bspw. des israelischen oder des pakistanischen Rechts, die jeweils eine interreligiöse Rechtspaltung vorsehen, kann indirekt aber religiöses Recht gewählt werden. Die Wahl eines religiösen Rechts ist also nur über das interpersonale Recht einer wählbaren staatlichen Rechtsordnung möglich.
bb) Verbundenheit mit dem gewählten Recht
Von den staatlichen Rechten stehen jedoch nicht alle Rechtsordnungen den Parteien zur Auswahl. Vielmehr sind nur solche Rechtsordnungen wählbar, die eine gewisse Verbundenheit zu einer oder beiden Parteien aufweisen. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass zwar einerseits die mit der Rechtswahlmöglichkeit den Parteien eingeräumte Autonomie geeignet erscheint, Sachnähe, Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit zu gewährleisten. Dieser Vorteil kann angesichts der Schwierigkeiten, das anzuwendende Recht in einer mobilen Gesellschaft mit multinationalen Familien zu bestimmen, die Rechtswahl zumindest als Verlegenheitslösung, vielleicht aber auch als allgemeines kollisionsrechtliches Prinzip legitimieren. Andererseits will man die Gerichte, Anwälte und auch die Parteien selbst vor der Wahl exotischer Rechte schützen. Ob eine derartige Beschränkung sinnvoll ist, mag hier dahinstehen. Jedenfalls nimmt die Rom III-VO eine ausreichende Verbundenheit zum gewählten Recht an, wenn es sich um das Recht des Staates handelt, in dem im Zeitpunkt der Rechtswahl der aktuelle gemeinsame (Art. 5 Abs. 1a Rom III-VO) bzw. frühere gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt liegt. Im letzteren Fall ist allerdings zusätzliche Voraussetzung, dass einer der Ehegatten dort noch weiterhin seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 5 Abs. 1b Rom III-VO). Ein französisch-englisches Paar kann also deutsches Recht als Scheidungsstatut wählen, wenn es in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Es kann deutsches Recht als Scheidungsstatut auch dann noch wählen, wenn der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland vom englischen Partner nach Wegzug des französischen Partners aufrechterhalten worden ist. Die Parteien können aber auch das Recht wählen, das zum Zeitpunkt der Rechtswahl Heimatrecht eines der Partner ist (Art. 5 Abs. 1c Rom III-VO). Im vorliegenden Beispiel des französisch-englischen Paares kann also französisches oder englisches Recht als Scheidungsstatut gewählt werden. Bei Doppelstaatsangehörigkeit dürften entsprechend der Rechtsprechung des EuGH zur Brüssel IIa-VO alle Heimatrechte zur Auswahl stehen. Schließlich können die Eheleute die lex fori, also das Recht des angerufenen Gerichts für anwendbar erklären (Art. 5 Abs. 1d Rom III-VO). Gewählt werden kann bei Erhebung der Scheidungsklage in Deutschland also wiederum deutsches Recht. Die Parteien können italienisches Recht wählen, wenn die internationale Zuständigkeit der italienischen Gerichte durch den neuen gewöhnlichen Aufenthalt eines Partners begründet worden ist (Art. 3 Abs. 1a 3., 4., 5. Spiegelstrich Brüssel IIa-VO) und die Scheidungsklage dort erhoben werden soll. Auch hier zeigt sich wieder die enge Verbindung zwischen internationaler Zuständigkeit und den Rechtswahlmöglichkeiten.