Trotz einer grundsätzlich formgerechten und auch im Übrigen wirksamen Rechtswahl kann das gewählte Recht in bestimmten Fällen durch die lex fori ersetzt werden. Dies ist neben dem soeben erwähnten Gesichtspunkt der fehlenden unabhängigen Beratung zum einen der Fall, wenn die Regelungen des gewählten Rechts (aus einem anderen Grund) gegen den ordre public des Gerichtsstaates verstoßen (Art. 13 Rom III-VO). Das heißt, dass das ausländische Recht dann nicht anzuwenden ist, wenn ein Inlandsbezug des Sachverhalts besteht und die Anwendung der ausländischen Vorschriften zu einem mit den Grundvorstellungen des Gerichtsstaates nicht akzeptablen Ergebnis führen würde. Schwedische Gerichte würden beispielsweise – wenn Schweden der Rom III-VO beitreten sollte – ausländische Regelungen, die die Scheidung gegenüber der schwedischen Sachregelung erschweren (wie zum Beispiel die deutsche einjährige Trennungsfrist, erst recht die vierjährige Trennungsfrist des irischen Rechts) für ordre public-widrig halten.
Zusätzlich zum ordre public sieht die Rom III-VO in Art. 10 vor, dass das gewählte Recht durch die lex fori verdrängt wird, wenn das gewählte Recht entweder eine Scheidung nicht zulässt (wie beispielsweise das Recht der Philippinen) oder wenn es den Ehepartnern keinen gleichberechtigten Zugang zur Scheidung gewährt. Was dies im Einzelnen bedeutet, ist bisher eher unklar. Würde etwa die Wahl eines islamischen oder des jüdischen Rechts generell nicht zu beachten sein, weil diese Rechte unterschiedliche Scheidungsgründe für Ehemann und Ehefrau vorsehen? Der Wortlaut der Vorschrift legt dies nahe. Ein derartiger abstrakter und genereller, vom Ergebnis des konkreten Falles unabhängiger Ausschluss von Rechten, die unterschiedliche Scheidungsgründe für Mann und Frau vorsehen, wäre aber immerhin sehr weitgehend und daher im internationalen Kontext ungewöhnlich. Die deutsche Literatur neigt dazu, auch hier – ähnlich dem ordre public – nur eine am Einzelfall orientierte Ergebniskontrolle vorzunehmen. Ägyptisches islamisches Recht könnte daher dann angewendet werden, wenn im konkreten Fall die Scheidungsmöglichkeit der Frau ebenfalls eröffnet ist oder wenn der Scheidungsantrag des Ehemannes auch nach deutschem Recht erfolgreich sein würde. Das deutsche Recht würde hier zwar als Maßstab für die Akzeptabilität des ausländischen Rechts in deutschen Gerichten herangezogen, Scheidungsstatut wäre aber dennoch das ägyptische Recht. Dies ist für die Beteiligten von Vorteil, weil sie bei Anwendung ihres Heimatrechts eher mit einer Anerkennung des Scheidungsurteils in ihrem Heimatstaat rechnen können.
Ob die Gerichte, insbesondere der EuGH, sich im Rahmen des Art. 10 Rom III-VO mit einer einzelfallorientierten Ergebniskontrolle zufrieden geben, bleibt abzuwarten. Hier liegt noch einiges an Konfliktstoff.