Interview mit Prof. Dr. Isabell Götz, Vors. Richterin am OLG München, Vorsitzende des DFGT
Prof. Dr. Isabell Götz
Schnitzler/FF: Liebe Frau Götz, Sie sind seit Januar 2014 Vorsitzende eines Familiensenats des OLG München. Wenn ich richtig unterrichtet bin, waren Sie zunächst beim Amtsgericht München u.a. für Mietsachen tätig, haben sich dann für "das Familiengericht entdecken lassen", waren dann Richterin am OLG in einem Senat bei Dr. Hüßtege und führen seit nunmehr fünf Jahren nun selbst einen Familiensenat.
Götz: Zur Vorsitzenden befördert wurde ich zwar erst mit Wirkung zum Februar 2014, aber fünf Jahre, das stimmt ja trotzdem. Mein Senat, der 16. des OLG München, ist ein reiner Familiensenat, auch das trifft zu. Meine Richtertätigkeit begann in der Abteilung für Mietsachen am Amtsgericht München nach vorhergehenden Tätigkeiten im bayerischen Justizministerium und bei der Staatsanwaltschaft München I. Rückblickend wage ich zu sagen, dass das Mietrecht eine gute Schule für das Familienrecht war, denn um die Wohnung wird häufig ähnlich emotional gestritten wie in familienrechtlichen Verfahren: Auch ein Mietverhältnis wird oft mit großer Euphorie auf beiden Seiten eingegangen, im laufenden Betrieb zeigen sich zunehmend Schwierigkeiten und bei der Abwicklung schenkt man sich nichts. Solchermaßen gewappnet bin ich nach einem Zwischenstopp beim allgemeinen Zivilgericht zum 1.1.2000 Familienrichterin geworden. "Entdecken lassen" ist allerdings viel zu schmeichelhaft, denn damals hatte ich – wie fast jeder Neuling im Familienrecht – relativ wenig Sachkunde in dieser doch sehr speziellen Materie. Möglicherweise hat man mich einfach gebraucht, denn damals begann schon die Zeit, in der das Familiengericht im Beliebtheitsranking der möglichen amtsrichterlichen Tätigkeiten zunehmend absackte. Meine Vorgängerin im Familienrechtsreferat hat mich sogar eindringlich vor dem Job gewarnt, allerdings ohne Erfolg, so etwas macht mich eher neugierig und ich habe es ja dann auch nie bereut! 2006 bin ich an das OLG gekommen, war dort aber nicht im 12. Senat bei Herrn Hüßtege, sondern im 2. Senat, der ebenfalls für Familiensachen und zusätzlich für die Anwaltshaftung im Familienrecht zuständig war.
Schnitzler/FF: Wenn Sie Ihre berufliche Tätigkeit als Richterin und Autorin vieler Bücher Revue passieren lassen, haben Sie jemals den Wechsel zum Familienrecht bedauert?
Götz: Zu keinem Zeitpunkt und ich finde es nach wie vor ein ungemein spannendes und dynamisches Rechtsgebiet. Als Richterin jedenfalls. Ich bin nach nun bald zwanzig Jahren im Familienrecht immer wieder erstaunt, dass man von Fällen tatsächlich noch überrascht werden kann, aber es ist so. Sei es, dass Geld in Gurkengläsern – leeren natürlich – im Garten vergraben wird, sei es, dass gekaufte Zeugen im Güterrecht die Fronten wechseln und sich – im Beschwerdeverfahren! – dem gegnerischen Anwalt offenbaren. Aber den Lesern dieser Zeitschrift erzähle ich damit sicher nichts Neues. Als Autorin habe ich die Dynamik manchmal bedauert, muss man doch laufend seine Texte anpassen oder sogar völlig neu schreiben. Verlage und Herausgeber – so auch ein gewisser Herr Schnitzler – haben da ja völlig zu Recht ein strenges Auge darauf.
Schnitzler/FF: Als Vorsitzende des Familiengerichtstages haben Sie Bestrebungen Ihrer Vorgänger Willutzki und Brudermüller maßgeblich unterstützt, die Qualifizierung der Familienrichterinnen und Familienrichter voranzutreiben (FF 2018, 178 ff.). Wie weit sind wir hier? Auch im Hinblick auf die Initiative von der Kinderrechtekommission mit Prof. Heilmann (Plädoyer für eine Qualitätsoffensive). Wir haben in dieser Zeitschrift sehr früh die komplette Stellungnahme dieser Kommission abgedruckt.
Götz: Für den Abdruck der Stellungnahme der Kinderrechtekommission des Familiengerichtstags, damals noch unter der Leitung von Michael Coester, bedanke ich mich. Denn je größer die Verbreitung dieser Stellungnahme, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie etwas bewegt. Das Thema hat nach meinem Eindruck gut an Fahrt aufgenommen, noch einmal beschleunigt durch den tragischen Missbrauchsfall in Staufen. Ich halte die Qualifizierung nach wie vor für unabdingbar, auch wenn als Reaktion zu unserer Stellungnahme die Gegenthese vertreten wurde, alles was ein Familienrichter brauche, ließe sich ohne Weiteres in vier Wochen lernen. Dabei würde ich wirklich gerne zusehen, möglicherweise könnte ich dann auch solche außerordentlichen Fähigkeiten entwickeln. Rückblickend habe ich meine Einarbeitungszeit als durchaus anspruchsvoll empfunden und ich hätte es wohl auch nach einem halben Jahr noch nicht gewagt zu behaupten, ich säße "fest im Sattel". Im Dezember des vergangenen Jahres legte zudem die Kinderkommission des Bundestags zum Thema Qualitätssicherung in Kindschaftsverfahren eine Stellungnahme vor, in der sie u.a. die hochwertige und verpflichtende Qualifizierung aller Verfahrensbeteiligter, also auch von Richtern, fordert. Es geht also hoffentlich voran!
Schnitzler/FF: Was i...