2. 1 Richterinnen und Richter
Die Kinderkommission fordert eine verbindliche Qualifizierung von Familienrichterinnen und -richtern. Es müssen sowohl Eingangsvoraussetzungen für Familienrichterinnen und -richter (wie etwa bei Insolvenzrichtern) etabliert als auch verbindliche Fortbildungspflichten eingeführt werden. Für die Teilnahme an den Fortbildungen sind die Richterinnen und Richter zeitlich freizustellen.
In die Qualifizierung sollen nicht nur das Familienrecht, das Familienverfahrensrecht sowie das Kinder- und Jugendhilferecht, die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen und die UN- Kinderrechtskonvention vermittelt werden. Familienrichterinnen und Familienrichter brauchen Querschnittskompetenzen im kommunikativen und analytisch-diagnostischen Bereich. Darüber hinaus sind weitere Fachkunde unter anderem zum Thema Bindungs- und Entwicklungspsychologie, Kindeswohlgefährdung und sexualisierte Gewalt erforderlich. Entsprechend soll das Familienrecht in der universitären Ausbildung gestärkt werden.
2. 2 Gutachterinnen und Gutachter
Die Kinderkommission fordert die Weiterführung des Prozesses zur Qualifizierung von psychologischen Sachverständigen. Dazu gehören die verpflichtende Fort- und Weiterbildung von Sachverständigen und der Ausbau der dazugehörigen Strukturen.
Wichtig ist darüber hinaus, die Rechtspsychologie an den Universitäten zu stärken, um die Qualitätssicherung über Forschung in dem Bereich voranzutreiben. Zitat Dr. Kannegießer: "Gutachten können nur so gut sein, wie Gutachter für ihre Empfehlungen auf fundierte Forschungsergebnisse zurückgreifen können."
An die Erstellung der Gutachten sind besondere Anforderungen zu stellen, die die besondere Verletzlichkeit des Kindes und das Machtgefälle zwischen der zu begutachtenden Person/Familie und dem Gutachter berücksichtigen.
Bei der geplanten Novellierung des Psychotherapeutengesetzes sollte deshalb nicht länger davon ausgegangen werden, dass Psychotherapeuten grundsätzlich die Befähigung zur Erstellung psychologischer Gutachten im Familienrecht besitzen. Denn Gutachterinnen und Gutachter brauchen vertiefte Kenntnisse über die Rechte aller Beteiligten und des Familienrechts.
2. 3 Verfahrensbeistände
Die Kinderkommission fordert verbindliche Qualitätsstandards für Verfahrensbeistände. Diese sollen von der Bundesregierung zusammen mit den Berufsverbänden entwickelt werden. Konkrete Kriterien sind als Voraussetzung für die Bestellung eines Verfahrensbeistandes gesetzlich festzulegen, u.a. der Nachweis einer Aus- oder Fortbildung zum Verfahrensbeistand, der Nachweis eines geeigneten Hauptberufs bzw. eine langjährige Berufserfahrung an einem Familiengericht. Dazu gehören auch die klare Kompetenzabgrenzung zu anderen Berufsgruppen und gute Kenntnisse über die Rechte aller Beteiligten, über das Kinder- und Jugendhilferecht, Familienrecht, Familienverfahrensrecht und die UN-Kinderrechtskonvention. Verfahrensbeistände sollten Rechtsberatung in Anspruch nehmen können, wenn sie dies für erforderlich halten. Wichtig ist zudem, dass das Bestellungsverfahren der Verfahrensbeistände deren Unabhängigkeit garantiert. Es muss sichergestellt werden, dass die Auswahl der Verfahrensbeistände transparent und unter Einbeziehung der betroffenen Kinder erfolgt. Diese sollten ihren Verfahrensbeistand ablehnen können.
Die Kinderkommission hält vertiefte Forschung dazu für notwendig, wie Kinder selbst ihre Interessenvertretung vor Gericht erleben. Ebenso ist zu prüfen, ob Kinder einen Anspruch auf einen Verfahrensbeistand und Interessenvertretung auch in solchen Verfahren haben sollten, in denen die Sorgeberechtigten in stationäre Hilfen zur Erziehung einwilligen.
2. 4 Verfahren aus Sicht von Kindern und Jugendlichen
Die Kinderkommission fordert verbindliche Standards bei der Anhörung von Kindern. Die Rechte der Kinder müssen in den Verfahren berücksichtigt werden.
Die von der Vorsitzenden befragten Kinder und Jugendlichen sowie die Ergebnisse der Untersuchung des Deutschen Instituts für Menschenrechte (Kindgerechte Justiz, 2015) vermitteln den starken Wunsch der Betroffenen, deutlich mehr als bisher ernst genommen, beteiligt und auch während des Verfahrens transparent informiert zu werden. Die Kinderkommission unterstützt dies.
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Die befragten Kinder vermissen die Transparenz des sie betreffenden Verfahrens. Sie verstehen nicht, warum etwas geschieht. Alle beteiligten Akteure sind dazu angehalten, Kindern und Jugendlichen gegenüber transparent zu agieren und das Verfahren kindgerecht zu erklären. Die Würde des Kindes ist zu jedem Zeitpunkt zu wahren und zu schützen. |
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Kinder brauchen einen geschützten Raum für die Beteiligung im Verfahren. So kann Überforderung vermieden werden. |
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Beschwerdemöglichkeit während des Verfahrens: Kinder und Jugendliche müssen während des Verfahrens nachfragen und sich beschweren können. Dabei sollten sie von einer unabhängigen Ombuds- oder Beschwerdestelle beraten werden können, die während des Verfahrens als Anlaufstelle dient. |
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Kinder und Jugendliche möchten auf eine Rechtsberatung zurückgreifen können. Diese sollte unabhängig, vertraulich und niedrigschwellig sein. (Der Verfahrensbeistand eigne... |