BGB § 1564;FamFG § 58 § 142
Leitsatz
Zur Beschwer des Antragsgegners durch den Ausspruch der Ehescheidung. (Rn 11)
BGH, Beschl. v. 23.9.2020 – XII ZB 482/19 (OLG Karlsruhe, AG Heidelberg)
Aus den Gründen
Gründe: I. [1] Die Beteiligten streiten im Rechtsbeschwerdeverfahren über den Ausspruch der Scheidung ihrer Ehe in einem Verbundbeschluss.
[2] Die Beteiligten schlossen im Dezember 2012 die Ehe. Der Scheidungsantrag des Antragstellers ist der Antragsgegnerin am 14.7.2017 zugestellt worden. Der Trennungszeitpunkt ist zwischen ihnen streitig.
[3] Das Amtsgericht hat durch Teil-Versäumnis- und Endbeschluss die Ehe der Beteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Die von der – im abschließenden Verhandlungstermin nicht mehr anwaltlich vertretenen – Antragsgegnerin gestellten Anträge zu den Folgesachen Ehegattenunterhalt und Güterrecht hat das Amtsgericht durch Teilversäumnisbeschluss abgewiesen.
[4] Die Antragsgegnerin hat, nunmehr wieder anwaltlich vertreten, gegen den Endbeschluss Beschwerde eingelegt. Außerdem hat sie vor dem Amtsgericht – nach Ablauf der gesetzlichen Frist – Einspruch gegen den Teilversäumnisbeschluss eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das Amtsgericht hat eine Wiedereinsetzung abgelehnt und den Einspruch verworfen. Auch dagegen hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt.
[5] Das Oberlandesgericht hat die beiden Beschwerdeverfahren zur Wiederherstellung des Scheidungsverbunds miteinander verbunden. Es hat die Beschwerde hinsichtlich des Scheidungsausspruchs und der Folgesache Versorgungsausgleich verworfen. Bezüglich der Folgesachen Unterhalt und Güterrecht hat es die Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen.
[6] Mit der Rechtsbeschwerde greift die Antragsgegnerin die Beschwerdeentscheidung zur Scheidung an.
II. [7] Die Rechtsbeschwerde richtet sich bei interessengerechter Würdigung allein gegen die Beschwerdeentscheidung zur Scheidung. Denn mangels Zulassung durch das Oberlandesgericht ist die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG und § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO nur insofern statthaft (zum Versorgungsausgleich vgl. Senatsbeschl. v. 22.8.2018 – XII ZB 37/18, FamRZ 2018, 1765 Rn 6 m.w.N. und v. 13.11.2013 – XII ZB 414/13, FamRZ 2014, 109 Rn 3 ff.). Dementsprechend ist die Rechtsbeschwerde auch nur insoweit begründet worden, wobei es auf die nach – teils unzutreffender – Auffassung der Rechtsbeschwerde mit einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur Scheidung verbundenen gesetzlichen Folgen nicht entscheidend ankommt.
[8] Die Rechtsbeschwerde ist insoweit zulässig und hat in der Sache Erfolg.
[9] 1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts fehlt dem gegen den Scheidungsausspruch eingelegten Rechtsmittel die Beschwer. Ein zum Zweck der Aufrechterhaltung der Ehe eingelegtes Rechtsmittel sei zwar auch ohne formelle Beschwer zulässig. Aus dem Ausnahmecharakter dieses Grundsatzes folge jedoch, dass der Rechtsmittelführer in diesem Fall das Ziel der Aufrechterhaltung der Ehe eindeutig und vorbehaltlos verfolgen müsse. Daran fehle es vorliegend, nachdem die Antragsgegnerin nur vortrage, die Scheidung der Ehe sei unter Verletzung des rechtlichen Gehörs erfolgt und es habe aufgrund ihrer psychischen Probleme ein Anwalt für sie bestellt werden müssen. Dass sie an der Ehe festhalten möchte, ergebe sich daraus nicht. Ihr Wunsch, die Auflösung des Scheidungsverbunds vor einer abschließenden Entscheidung über die Folgesachen zu verhindern, könne die erforderliche Beschwer ebenfalls nicht begründen. Der Grundsatz, dass die Scheidung erst ausgesprochen wird, wenn die mit ihr zusammenhängenden Folgefragen geklärt seien, gelte nur für die erste Instanz.
[10] 2. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass dies verfahrensfehlerhaft ist und nicht mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang steht.
[11] Die Beschwer der Antragsgegnerin durch den amtsgerichtlichen Beschluss ergibt sich daraus, dass ihre Ehe gegen ihren ausdrücklichen Willen geschieden worden ist. Aus dem angefochtenen Beschluss wie auch aus dem amtsgerichtlichen Beschluss ergibt sich, dass die Antragsgegnerin der Scheidung stets entgegengetreten ist. Sie ist damit sowohl formell als auch materiell beschwert. Dass die Antragsgegnerin, wie von der Rechtsbeschwerdeerwiderung geltend gemacht wird, in der abschließenden mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht anwaltlich vertreten war und somit keinen wirksamen Abweisungsantrag stellen konnte, ändert nichts an der für sie nachteiligen Wirkung der Entscheidung und schließt folglich eine Beschwer nicht aus. Da die Zustimmung zur Scheidung wie auch deren Widerruf nach §§ 114 Abs. 4 Nr. 3, 134 FamFG nicht dem Anwaltszwang unterliegen, ist die Antragsgegnerin durch den Ausspruch der Scheidung auch formell beschwert.
[12] Die vom Oberlandesgericht zitierte weitere Voraussetzung, dass der Rechtsmittelführer das Ziel der Aufrechterhaltung der Ehe eindeutig und vorbehaltlos verfolgen muss, ist vom Senat für den Fall aufgestellt wor...