Liegt keine anerkennungsfähige Entscheidung vor, stellt sich die Frage des anzuwendenden Rechts. Mit Ausnahme des deutsch-iranischen Abkommens[15] bestehen keine Staatsverträge, sodass die Kollisionsnorm des Art. 19 EGBGB einschlägig ist. Nach Art. 19 S. 1 EGBGB unterliegt die Abstammung eines Kindes dem Recht des Staates, in welchem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. In ständiger Rechtsprechung definiert der BGH[16] den gewöhnlichen Aufenthalt nach dem Schwerpunkt der Bindungen der betroffenen Person, ihrem Daseinsmittelpunkt. Dieser ist aufgrund der gegebenen tatsächlichen Umstände zu beurteilen und muss auf eine gewisse Dauer angelegt sein. Ein bloß vorübergehender Aufenthalt in einem Staat begründet dort noch keinen gewöhnlichen Aufenthalt. Minderjährige teilen regelmäßig den gewöhnlichen Aufenthalt ihrer Eltern. Grundsätzlich wird man ab einem Zeitraum von sechs Monaten von der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes ausgehen dürfen.[17]

In seiner grundlegenden Entscheidung vom 24.1.2019[18] führt der BGH aus, dass der gewöhnliche Aufenthalt eines von einer Leihmutter geborenen Kindes, das unmittelbar nach der Geburt nach dem übereinstimmenden Willen aller Beteiligten von den Wunscheltern rechtmäßig (hierzu sogleich) nach Deutschland verbracht wurde, Deutschland ist. Die Begründung eines vorherigen gewöhnlichen Aufenthaltes im Geburtsland komme dann nicht in Betracht, wenn ein dauerhafter Aufenthalt des Kindes dort von Anfang an nicht beabsichtigt war. Demnach ist auf die Abstammung des Kindes gem. Art 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB deutsches Recht anwendbar, mit der Folge, dass die Leihmutter gem. § 1591 BGB als die Frau, die das Kind geboren hat, rechtliche Mutter des Kindes ist, nicht hingegen die Wunschmutter.

Nach Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB kann die Abstammung im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört. Die Elternschaft nach dieser Alternative ist jeweils im Verhältnis zu dem Elternteil zu prüfen, der sich auf sie beruft.[19] Ist die Wunschmutter also deutsche Staatsangehörige, ist deutsches Recht anwendbar mit der Konsequenz, dass die Wunschmutter wegen § 1591 BGB nicht als Mutter des Kindes gilt.

Die letzte Alternative in Art. 19 Abs. 1 S. 3 EGBGB, sogenanntes Ehewirkungsstatut, hilft in diesen Fällen nicht weiter, da sich der Begriff "Mutter" nach dem deutschen Recht definiert und die Wunschmutter somit nicht umfasst.

[15] Hier gilt Art. 8 Abs. 3, wonach in familienrechtlichen Angelegenheiten das jeweilige Heimatrecht des Betroffenen anzuwenden ist.
[16] BGH NJW 2019, 1605 m.w.N.
[17] BGH NJW 1981, 520.

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