1. "… und von der Arzenei ist's kaum zu unterscheiden"
Sowohl bei der Adoption als auch bei der Vaterschaftsanerkennung geht es darum, festzustellen, ob für die betreffende familienrechtliche Statusveränderung auch familienrechtliche Gründe existieren. Nur dann liegen die jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen vor, deren Feststellung für die mit der Beurkundung befassten Personen und, wie die beiden Entscheidungen zeigen, auch für die zuständigen Gerichte im Hinblick auf ein nicht mehr klar definiertes Familienmodell nicht leicht fällt. Familienrechtliches Motiv ist bei der Adoption die Erwartung, dass zwischen dem Anzunehmenden und dem Annehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht. Ein Vaterschaftsanerkenntnis erfolgt meist durch den Erzeuger des Kindes oder einen Mann, der – wie z.B. bei der heterologen Insemination seiner nichtehelichen Partnerin – die Verantwortung als Vater für ein Kind übernehmen möchte. Um die missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung von Männern, die nicht biologische Väter des jeweiligen Kindes sind, aus aufenthaltsrechtlichen Gründen zu verhindern, hat die beurkundende Behörde oder Urkundsperson bei Vorliegen einer Vermutungsregelung gemäß § 1597a Abs. 2 S. 2 BGB das Beurkundungsverfahren nach Information der Beteiligten hierüber auszusetzen und der Ausländerbehörde zur Prüfung der Rechtsmissbräuchlichkeit vorzulegen. Zutreffend wird in beiden Entscheidungen darauf hingewiesen, dass in den oben geschilderten Konstellationen, wenn der aufenthaltsrechtliche Missbrauch nicht bereits alleiniger Grund der familienrechtlichen Statusveränderung ist, stets auch eine aufenthaltsrechtliche Motivation vorliegen wird. Problem ist die einzelfallbezogene Feststellung, dass die familienrechtlichen Gründe die aufenthaltsrechtliche (Mit-)Motivation überwiegen müssen.
2. Moderne Familienmodelle auch im Aufenthaltsrecht?
Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt zutreffend auch neue Familienformen. Maßstab der Prüfung kann heute nicht mehr die in einem Haushalt zusammenlebende klassische Vater-Mutter-Kind-Familie sein. Es befindet sich dabei in Übereinstimmung mit dem Bundesverfassungsgericht, das die nachträgliche Behördenanfechtung einer Vaterschaftsanerkennung (§ 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB a.F.) als verbotene Entziehung der Staatsangehörigkeit für verfassungswidrig erklärt hat. Dabei hat es darauf hingewiesen, dass die verfassungsrechtlich geschützte Elternschaft (Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG) auch dann besteht, wenn der anerkennende Mann weder der biologische Vater des Kindes ist noch eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind besteht oder begründet werden soll. Der Gesetzgeber hat daraufhin im Eilverfahren das zweistufige Verfahren vor der Urkundsstelle und der Ausländerbehörde zur Verhinderung missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennung im BGB unsystematisch, da es sich um eine Verfahrensvorschrift handelt, geregelt.
Die beurkundende Stelle muss bei Vorliegen von Anzeichen nach § 1597a Abs. 2 S. 2 BGB. also insbesondere wenn ein Beteiligter nicht die deutsche Staatsangehörigkeit oder die Staatsangehörigkeit eines sicheren Herkunftslandes besitzt, möglicherweise, obwohl das Gesetz keinerlei Nachfragepflichten für die Urkundsperson anordnet, ähnlich wie bei einem Geldwäscheverdacht oder der Ermittlung von Ausschließungsgründen bei der Bestellung eines Geschäftsführers einer GmbH Nachfragen zur Intention des Vaterschaftsanerkenntnisses stellen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der anerkennende Mann der biologische Vater des Kindes ist (§ 1597a Abs. 5 BGB). Dieser Nachweis ist in den Fällen der konzentrierten Kinderwunscherfüllung nicht möglich, obwohl das Gesetz auch für diese Fälle die Vaterschaftsanerkennung ausdrücklich zulässt. Außerdem besteht bei einem noch nicht geborenen Kind wegen des Verbots der pränatalen Vaterschaftsfeststellung in Deutschland (§ 15 Abs. 1 S. 1 GenDG) keine legale Nachweismöglichkeit hinsichtlich einer bestehenden biologischen Vaterschaft. Die gesetzliche Regelung verletzt damit in beiden Fällen die Rechte der betroffenen Kinder. Bei einer konsentierten Kinderwunscherfüllung muss nämlich der betreffende Mann nach Durchführung des ausländerbehördlichen Prüfverfahrens die Anerkennungserklärung nicht mehr abgeben, wenn er es sich zwischenzeitlich anders überlegt hat. Das Kind hat dann zwar aufgrund der Rechtsprechung aufgrund eines konkludenten Unterhaltsvertrages zu seinen Gunsten einen männlichen Unterhaltszahler, aber keinen rechtlichen Vater. Zudem wird gegen das Kindeswohl, das nach Art. 2 Abs. 1 Kinderrechtskonvention (KRK) unabhängig von der nationalen Herkunft des Kindes und seinen Eltern zu gewährleisten ist, durch den Generalverdacht auf der ersten Stufe des Verfahrens verstoßen. Kaum noch verständlich ist, dass dann die Ausländerbehörde (!) und bei Einlegung eines Rechtsbehelfs die Verwaltungsgerichte die familienrechtliche Rechtfertigung des Vaterschaftsanerkenntnisses prüfen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die verunglückte Regelung allerdings auf den verfassungsrechtlich und nac...