Gründe: I. [1] Die Beteiligten zu 2 und 3 haben mit Schreiben vom 13.3.2021 beim Familiengericht darum nachgesucht, ein Verfahren nach § 1666 BGB zu eröffnen und gegenüber den Lehrkräften und der Schulleitung der von ihren seinerzeit 8- und 14jährigen Kindern besuchten Grund- und Regelschule einstweilig anzuordnen, die schulintern getroffenen Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), insbesondere Abstandsgebote und die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, vorläufig auszusetzen.

[2] Das Familiengericht hat im Wege der einstweiligen Anordnung den Leitungen und Lehrern sowie den Vorgesetzten der Schulleitungen der von den beteiligten Kindern besuchten Schulen untersagt, für diese und alle weiteren an den Schulen unterrichteten Kinder und Schüler anzuordnen oder vorzuschreiben, im Unterricht und auf dem Schulgelände eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, Mindestabstände untereinander oder zu anderen Personen einzuhalten und an Schnelltests zur Feststellung des Virus SARS-CoV-2 teilzunehmen. Ferner hat es den Leitungen und Lehrern der Schulen sowie den Vorgesetzten der Schulleitungen geboten, für die beteiligten Kinder und alle weiteren an den Schulen unterrichteten Kinder und Schüler den Präsenzunterricht aufrechtzuerhalten.

[3] Auf die sofortige Beschwerde des Freistaats (Beteiligter zu 5) hat das Oberlandesgericht die einstweilige Anordnung aufgehoben, den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und das Verfahren eingestellt. Hiergegen richten sich die zugelassenen Rechtsbeschwerden der betroffenen Kinder und der Beteiligten zu 2 und 3.

II. [4] Die zulässigen Rechtsbeschwerden haben keinen Erfolg.

[5] 1. Das in Bezug auf die Rechtswegzuständigkeit zugelassene Rechtsmittel ist als Rechtsbeschwerde gemäß § 17a Abs. 4 S. 4 GVG statthaft. Nach dieser Vorschrift kann eine Rechtsbeschwerde auch in den Fällen zugelassen werden, in denen die jeweilige Verfahrensordnung ein Rechtsmittel an den obersten Gerichtshof des Bundes an sich nicht vorsieht, wie etwa in Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes (vgl. BGH, Beschl. v. 30.9.1999 – V ZB 24/99, NJW 1999, 3785 und v. 9.11.2006 – I ZB 28/06, NJW 2007, 1819 Rn 5; s. auch BGH, Beschl. v. 22.3.2010 – AnwZ (B) 114/09, juris Rn 3).

[6] 2. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner in FamRZ 2021, 1043 veröffentlichten Entscheidung ausgeführt: Die sofortige Beschwerde sei gemäß § 17a Abs. 4 S. 3 GVG i.V.m. § 58 FamFG statthaft, nachdem das Familiengericht unzulässig eine Sachentscheidung getroffen habe, ohne über die in dem Verfahren erhobene Zuständigkeitsrüge vorab zu entscheiden.

[7] Mit ihrer Anregung verfolgten die Eltern das Ziel, schulinterne Maßnahmen außer Kraft zu setzen. Eine solche Regelungskompetenz sei dem Familiengericht indes auf der Basis des § 1666 BGB nicht eröffnet. Diese Vorschrift ermögliche in erster Linie Maßnahmen gegen die jeweiligen konkreten Personensorgeberechtigten, um diese zur Einhaltung ihrer Schutzpflichten gegenüber dem Kind anzuhalten. Zwar könnten in besonders gelagerten Fällen bei Angelegenheiten der Personensorge auch Maßnahmen gegen Dritte erfolgen (§ 1666 Abs. 4 BGB). Dritte im Sinne der Vorschrift seien aber nicht Behörden, Regierungen und sonstige Träger der öffentlichen Gewalt. Familiengerichte seien nicht befugt, andere staatliche Behörden in ihrem Tun oder Unterlassen anzuweisen, denn dies würde einen Eingriff in das Gewaltenteilungsprinzip bedeuten, für den es an der erforderlichen Rechtsgrundlage fehle. Die Vorschriften der §§ 1666, 1666a BGB in Verbindung mit dem staatlichen Wächteramt legitimierten einen solchen Eingriff nicht. Im Rahmen des schulrechtlichen Sonderstatusverhältnisses seien die zuständigen Behörden ihrerseits ebenfalls an die das Kindeswohl schützenden Grundrechte gebunden. Die gerichtliche Kontrolle dieses Behördenhandelns obliege hierbei allein den Verwaltungsgerichten. Eine Verweisung an das zuständige Verwaltungsgericht komme aber nicht in Betracht, denn es verbiete sich, ein von Amts wegen eingeleitetes Verfahren dem Verwaltungsgericht aufzudrängen. Das Verfahren sei vielmehr einzustellen.

[8] 3. Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.

[9] a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war die vom Beteiligten zu 5 erhobene Erstbeschwerde zulässig. Zwar überprüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (§ 17a Abs. 5 GVG). Das Überprüfungsverbot nach dieser Vorschrift setzt aber voraus, dass die erste Instanz nicht gegen unverzichtbare Verfahrensgrundsätze des § 17a GVG verstoßen hat. Der Ausschluss der Prüfung gilt damit nicht, wenn die Zulässigkeit des Rechtswegs trotz Rüge nicht durch Vorabbeschluss, sondern entgegen § 17a Abs. 3 S. 2 GVG erst in der Sachentscheidung bejaht wurde (vgl. BGHZ 121, 367 = NJW 1993, 1799, 1800).

[10] So liegt der Fall hier. Das Oberlandesgericht ist nach Auswertung des Akteninhalts in recht...

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