BGH FamRZ 2010, 958:
Zitat
"Zuwendungen der Eltern, die um der Ehe ihres Kindes Willen an das (künftige) Schwiegerkind erfolgen, sind nicht als unbenannte Zuwendungen, sondern als Schenkung zu qualifizieren (Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung, etwa FamRZ 2006, 394). Auf derartige Schenkungen sind die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anzuwenden".
Das Ziel, die Schwiegereltern besserzustellen und dem Schwiegerkind den bislang bei ihm verbleibenden Teil des Vermögensvorteils zu nehmen, geriet wegen des strengen Stichtagsprinzips in Gefahr. Die Schenkung erhöhte nämlich auch beim Schwiegerkind das (privilegierte) Anfangsvermögen. Dieses Dilemma löste der Bundesgerichtshof, indem er diese Privilegierung als durch den Rückforderungsanspruch schon im Anfangsvermögen kompensiert ansah: "Jedoch können … unbillige Ergebnisse dadurch vermieden werden, dass die privilegierte schwiegerelterliche Schenkung lediglich in einer um den Rückforderungsanspruch verminderten Höhe in das Anfangsvermögen des Schwiegerkindes eingestellt wird. Denn der Beschenkte hat den zugewendeten Gegenstand nur mit der Belastung erworben, die Schenkung im Falle des späteren Scheiterns der Ehe schuldrechtlich ausgleichen zu müssen. Zwar steht im für die Ermittlung des Anfangsvermögens maßgeblichen Zeitpunkt (§ 1376 Abs. 1 BGB) noch nicht fest, ob und in welcher Höhe der Rückforderungsanspruch entstehen wird, es handelt sich also um eine ungewisse Forderung. Allerdings besteht in der Regel nur Veranlassung, das Anfangsvermögen zu ermitteln, wenn die Ehe gescheitert ist. Dann steht aber auch fest, dass und in welcher Höhe die Forderung entstanden ist. … Denn die hier interessierende künftige Verbindlichkeit mindert auch das Endvermögen und hängt eng mit einem Gegenstand des Anfangsvermögens und mit der Ehe der Parteien zusammen. Dies rechtfertigt eine abweichende Beurteilung."
Allerdings steht zum entscheidenden Anfangsstichtag eben keineswegs fest, ob ein Rückforderungsanspruch überhaupt geltend gemacht wird, ob z.B. auf ihn verzichtet, er vergessen wurde, er verjährt ist usw. Gleichwohl praktiziert der Bundesgerichtshof diese Null-Lösung, die allein zum gewünschten, durchaus als gerecht und billig zu empfindenden Ergebnis führen kann. Es handelt sich um eine Durchbrechung des Stichtagsprinzips, die allein den Zweck hat, das gewünschte Nullergebnis herbeizuführen.
Der Beispielsfall ist also nach neuer BGH-Rechtsprechung im Zugewinnausgleich wie folgt zu lösen:
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Endvermögen SK 50.000 EUR – Rückforderungsanspruch 25.000 EUR = 25.000 EUR. |
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Anfangsvermögen SK: Schenkung 25.000 EUR – Rückforderungsanspruch 25.000 EUR = 0 EUR. |
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Zugewinn SK: 25.000 EUR. Endvermögen K 50.000 EUR. Privilegiertes Anfangsvermögen K 25.000 EUR. |
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Zugewinn K: 25.000 EUR. Zugewinnausgleichsanspruch K gegen SK: 25.000 EUR – 25.000 EUR = 0 EUR : 2 = 0 EUR. |
Die beim Zugewinnausgleich verbleibenden – sich aufhebenden – Positionen von jeweils 25.000 EUR resultieren aus Wertschöpfung des SV durch Arbeitsleistungen, die vom Bundesgerichtshof von vorneherein nicht im Anfangsvermögen berücksichtigt werden, weil sie keine Schenkungen sind.
Da K – im Hinblick auf die Zuwendung von SE an SK – keinen Zugewinnausgleich verlangen kann, ist der Weg wegen nunmehr vorliegender Unbilligkeit nach § 313 BGB frei für schenkungsrechtliche Ansprüche SE gegen SK.
Allerdings kann der Fall auch "kippen". Wenn SK z.B. Schulden im Endvermögen von 25.000 EUR hat oder Anfangsvermögen in dieser Höhe gegenrechnen kann, das im Endvermögen nicht mehr vorhanden ist, kann K nicht nur von SK keinen Zugewinnausgleich verlangen – womit der Weg für SV gegen SK frei ist, sondern muss einen solchen an SK zahlen, weil die Arbeitsleistungen nicht privilegiert sind.
Die Konsequenzen dieser Rechtsprechung werden auch dann deutlich, wenn der Beispielsfall dahin abgewandelt wird, dass das Objekt im Alleineigentum von K steht: K hat dann ein Endvermögen von 100.000 EUR, ein privilegiertes Anfangsvermögen von lediglich 50.000 EUR (Schenkung), einen Zugewinn von 50.000 EUR und schuldet SK einen Zugewinnausgleich von 25.000 EUR! SK profitiert also davon, dass SV anstatt einer Geldschenkung Arbeitsleistungen erbracht hat, obwohl sich alle Beteiligten darin einig waren, dass beide Leistungen vom Wertschöpfungserfolg und der Leistungsmotivation in jeder Hinsicht gleichwertig – äquivalent – waren.