1 Allgemeine Wirkungen der Ehe
OLG München, Beschl. v. 15.9.2022 – 34 Wx 114/22
1. § 1365 BGB beschränkt die Handlungsfreiheit eines Ehegatten auch dann, wenn er über einzelne ihm gehörende Gegenstände verfügt, die jedoch wirtschaftlich im Wesentlichen oder nahezu sein gesamtes Vermögen ausmachen. Jedenfalls bei größeren Vermögen ist die Grenze bei 90 % zu ziehen.
2. Mehrere Rechtsgeschäfte, die in ihrer Gesamtheit den Tatbestand des Gesamtvermögensgeschäfts erfüllen, je für sich betrachtet jedoch unbedenklich sind, bleiben zustimmungsfrei auch dann, wenn sie in einem nahen zeitlichen Zusammenhang stehen. Zustimmungsbedürftig sind sie hingegen, wenn sie nicht nur in zeitlichem, sondern zugleich auch in sachlichem Zusammenhang stehen und wirtschaftlich einen einheitlichen Lebensvorgang bilden.
3. § 1365 BGB setzt voraus, dass der Erwerber bei Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts positiv weiß, dass es sich bei dem Geschäftsobjekt um das gesamte Vermögen seines Gegenübers handelt, oder zumindest die Umstände kennt, aus denen sich dies ergibt. Bei engen Verwandten, die in Kontakt miteinander stehen, liegt eine entsprechende Kenntnis nahe.
(red LS)
2 Hausrat
KG, Beschl. v. 9.8.2023 – 16 UF 37/23
1.a) Zwar kann in grenzüberschreitenden Hausrats- oder Ehewohnungssachen die EuGüVO in sachlicher Hinsicht anwendbar sein. Aber in zeitlicher Hinsicht ist der Anwendungsbereich der Verordnung nur eröffnet, soweit die Ehegatten am oder nach dem 29.1.2019 die Ehe eingegangen sind oder eine entsprechende Rechtswahl getroffen haben.
b) Soweit die EuGüVO danach noch nicht anwendbar ist, bestimmt sich das anwendbare Recht in Hausrats- und Ehewohnungssachen mit Auslandsbezug nach Art. 17a EGBGB a.F.
2.a) Das Hausratsverfahren kennt keinen Auskunftsanspruch eines Ehegatten über Bestand, Zusammensetzung oder Wert des Hausrats; hierfür ist regelmäßig kein Rechtsschutzbedürfnis gegeben.
b) Der allgemeine, aus Treu und Glauben hergeleitete Auskunftsanspruch nach § 242 BGB, weil der anspruchsstellende Ehegatte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, kann auch im Hausratsverfahren geltend gemacht werden, soweit die Voraussetzungen des Anspruchs gegeben sind.
3. Das Hausratsverfahren zielt nicht darauf ab, dem aus der Ehewohnung weichenden Ehegatten einen Zahlungs- oder Ausgleichsanspruch in Geld oder einen Anspruch auf "Billigkeitsgelder" zu verschaffen, sondern die gesetzliche Regelung bezweckt, den Ehegatten nach dem Scheitern ihrer Lebensgemeinschaft eine getrennte Haushaltsführung dadurch zu ermöglichen, dass ihnen die hierfür erforderlichen Haushaltsgegenstände, die entweder in ihrem gemeinsamen Eigentum stehen oder deren Miteigentum von Gesetzes wegen vermutet wird, nach den Grundsätze der Billigkeit zugewiesen werden.
3 Kindesunterhalt
OLG Bremen, Beschl. v. 14.12.2023 – 5 UF 36/23
1. Dass das Verstreichenlassen einer Frist von mehr als einem Jahr für die Bejahung des für die Annahme einer Verwirkung erforderlichen Zeitmoments ausreichen kann, bedeutet – insbesondere bei titulierten Kindesunterhaltsansprüchen – keinen Automatismus dahingehend, dass stets schon nach Ablauf eines Jahres das Zeitmoment erfüllt ist.
2. Wenn es um titulierte Kindesunterhaltsansprüche geht, sind an die Erfüllung des für die Annahme einer Verwirkung erforderlichen Umstandsmoments strenge Maßstäbe anzulegen.
3. Der Schuldner kann grundsätzlich weder davon ausgehen, dass er mit seinen Zahlungen an die Unterhaltsvorschusskasse in Höhe der dem Gläubiger erbrachten UVG-Leistungen einen darüberhinausgehenden titulierten Unterhaltsanspruch des Gläubigers erfüllt, noch davon, dass der Gläubiger schon deshalb seinen titulierten Unterhaltsanspruch bzw. die Differenz zwischen diesem und den UVG-Leistungen nicht mehr geltend machen werde, weil er insoweit über einen Zeitraum von weniger als zweieinhalb Jahren schlicht untätig geblieben ist, schon gar nicht, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber zuvor eine angespannte finanzielle Situation behauptet und in Aussicht gestellt hat, nach deren Besserung seiner Zahlungspflicht nachzukommen.
OLG Koblenz, Beschl. v. 27.7.2023 – 7 UF 152/23
1. Kindesunterhalt kann bis zur höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle ohne Darlegung eines entsprechenden konkreten Bedarfs verlangt werden. Vielmehr ist es Aufgabe des Unterhaltspflichtigen darzulegen und zu beweisen, dass der tatsächliche Unterhaltsbedarf geringer ist. Allein die Gefahr einer zweckentfremdeten Verwendung des Kindesunterhalts durch den betreuenden Elternteil genügt zur Annahme eines geringeren Bedarfs nicht.
2. Das Verlangen von Kindesunterhalt gemäß den besonders günstigen Verhältnissen des Barunterhaltspflichtigen setzt nicht voraus, dass das Kind in der Vergangenheit vor der Trennung seiner Eltern bereits an diesen besonders günstigen Verhältnissen tatsächlich teilgenommen hat. Denn ein Kind leitet seinen Bedarf von den Eltern auch dann ab, wenn es mit diesen nicht zusammengelebt hat, eine vorausgegangene Gewöhnung des Kindes an einen gehobenen Lebensstandard ist also nicht ...