Die Grenze für eine wirksame Vereinbarungen über Kindesunterhalt, der unter dem eigentlich geschuldeten Betrag liegt, wird in der Regel bis zu einer Abweichung von bis zu 20 % als hinnehmbar akzeptiert. Eine Unterschreitung um ein Drittel des Tabellenunterhalts wird im Regelfall als ein nach § 1614 Abs. 1 Satz 1 BGB unzulässiger Verzicht gewertet.
Diese Prozentsätze dienen jedoch lediglich als eine grobe Orientierungshilfe und ersetzen nicht die notwendige Einzelfallprüfung. Aufgrund der Verschiedenartigkeit der Einzelfälle kann kein genereller Maßstab festgelegt werden, ab welcher exakten prozentualen Unterschreitung des rechnerisch geschuldeten Unterhalts eine unzulässige Verzichtsvereinbarung vorliegt.
Um einem Gericht, welches von Amts wegen das Verzichtsverbot nach § 1614 BGB zu beachten hat, die Prüfung zu ermöglichen, ob eine wirksame Vereinbarung vorliegt, ist es daher geboten, hinreichende Argumente für die erfolgte Reduzierung des Kindesunterhalts in der Vereinbarung zu verschriftlichen und darin auch Ausführungen zum Kindeswohl zu machen.
Eine nicht oder unzureichend begründete und daher möglicherweise willkürliche Herabsetzung des Kindesunterhalts dürfte dem Kindeswohl entgegenstehen und somit grundsätzlich unzulässig sein, selbst wenn sich die Abweichung noch in dem von der Rechtsprechung gebilligten Rahmen halten würde.
Denn der Kindesunterhalt steht dem Kind zu. Kinder sind wirtschaftlich abhängig von ihren Eltern. Vereinbarungen der Eltern über den dem Kind zustehenden Kindesunterhalt sind, wenn sie nur die Interessen der Eltern berücksichtigen, als Verträge zulasten eines Dritten einzuordnen, und sollten daher bei Abweichungen ohne kindbezogene Gründe grundsätzlich unwirksam sein.
Es gibt aber durchaus Konstellationen, in denen die Vereinbarung einer angemessenen Reduzierung nicht dem Kindeswohl widerspricht und damit auch nicht gegen das Verzichtsverbot verstößt.
Ein Unterhaltspflichtiger, der einem minderjährigen Kind Unterhalt schuldet, muss aufgrund der verschärften Haftung nach § 1603 Abs. 2 BGB alle verfügbaren Kräfte und Möglichkeiten ausschöpfen, um eine ausreichend entlohnte Beschäftigung zu finden.
Er muss sämtliche verfügbaren Mittel für den Unterhalt des Kindes verwenden, alle Möglichkeiten zur Erwerbstätigkeit ausschöpfen und auch einschneidende Veränderungen seiner eigenen Lebensumstände akzeptieren, um die regelmäßige Zahlung des geschuldeten Kindesunterhalts sicherzustellen. Wenn die Erwerbseinkünfte nicht ausreichen, um den Bedarf des Kindes zu decken, kann von dem Unterhaltspflichtigen die Aufnahme einer Arbeitsstelle nicht nur bei einem anderen Arbeitgeber, sondern auch an einem weiter entfernten Ort verlangt werden. Ein solcher Arbeitsplatzwechsel kann einen deutlich längeren Arbeitsweg mit deutlich höheren täglichen Fahrzeiten bedeuten. Es kann sogar ein Umzug erforderlich werden.
Oder es kann zusätzlich zu der bislang ausgeübten Tätigkeit die Aufnahme von Gelegenheits- und Aushilfstätigkeiten verlangt werden.
Aus dem dann erzielbaren Einkommen würde sich der geschuldete Kindesunterhalt errechnen.
Solche erheblichen Ausweitungen oder Änderungen der Erwerbstätigkeit haben in der Regel aber Auswirkungen auf die Umgangszeiten mit den minderjährigen Kindern. Bei einer Erhöhung der Arbeitszeit und/oder längeren Fahrzeiten sind Betreuungszeiten während der Woche kaum noch möglich. Für die Kinder kann dies längere Fahrzeiten bedeuten, um an den Umgangswochenenden zum Wohnort des unterhaltspflichtigen Elternteils zu gelangen.
Ein paritätisches Wechselmodell, das dem bislang mehr betreuenden Elternteil die Möglichkeit geben würde, in gleichem Umfang wie der andere Elternteil erwerbstätig zu sein und finanziell unabhängig zu werden, einschließlich des damit in der Regel einhergehenden Aufbaus einer eigenen Altersvorsorge, wäre dann nicht mehr möglich.
In solchen Konstellationen kollidieren der Anspruch auf vollen Barunterhalt mit dem Anspruch des Kindes auf regelmäßigen Umgang mit dem nichtbetreuenden Elternteil, welcher ebenfalls wichtig für die Kinder ist.
Während die Forderung nach beruflicher Veränderung zur Sicherstellung des Kindesunterhalts gerechtfertigt sein kann, muss im Einzelfall aber immer abgewogen werden, ob der Verbleib des Unterhaltsschuldners in der aktuellen Beschäftigung, verbunden mit einem geregelten und für das Kind weniger belastenden Umgang, dem Wohl des Kindes nicht mehr entspricht als die vollständige Zahlung des vom betreuenden Elternteil geforderten Unterhalts.
Das Kindeswohl dürfte auch in dem Fall nicht beeinträchtigt sein, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil seine aktuelle Erwerbstätigkeit behält, weil in dieser Tätigkeit die Aussicht besteht, in absehbarer Zeit ein höheres Einkommen und damit auch höheren Kindesunterhalt zu erzielen.
Da der geschuldete Unterhalt von der Bewertung der Angemessenheit abhängt und auch in gewissen Grenzen in der Disposition der Beteiligten steht, kann keine starre und exakt mathematische Berechnung des jeweils g...