Stichtag für die Berechnung des Zugewinns ist im Falle der Scheidung die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags. Auch die Ausgleichsforderung wird zu diesem Zeitpunkt festgezurrt (§ 1384 BGB). Die frühere Kappungsgrenze – Forderung beschränkt sich auf das bei Ende des Güterstandes vorhandene Vermögen (§ 1378 Abs. 2 S. 1 BGB aF) ist aufgegeben worden. Vermögensminderungen, die zwischen Rechtshängigkeit und Rechtskraft der Scheidung eintreten, beeinflussen also die Höhe der Ausgleichsforderung nicht mehr. Mit der Aufhebung der Kappungsgrenze wollte der Gesetzgeber ausgleichspflichtigen Ehegatten die Möglichkeit nehmen, ihr Vermögen während des Scheidungsverfahrens zu verringern.
Aus dem Blick geraten ist in diesem Bemühen, dass Vermögensminderungen in dieser Zeit auch ohne unredliche Absicht und zu verantwortendes Zutun eintreten können. Das klassische Beispiel für einen solchen nicht zu verantwortenden Vermögensverfall während des Scheidungsverfahrens ist der Börsencrash, der – nach Einreichung der Scheidung – zu einem drastischen Wertverlust der Aktien führt.
Hier hat sich das Vermögen des ausgleichspflichtigen Ehegatten ohne jedes Zutun und ohne jedes Verschulden minimiert. Er muss sich verschulden, um die Zugewinnausgleichsforderung zu begleichen.
In einem solchen Fall ist, so wird im Schrifttum vertreten, dem Ausgleichsschuldner das Recht zu geben, die Zahlung zu verweigern: Es ist unerträglich ungerecht, leisten zu müssen, wenn sich das Vermögen auf diese Art verflüchtigt hat. Das aber macht die Rechtsprechung nicht mit. Sie hält an dem Mantra fest: Die Ausgleichsforderung ist nach der gesetzlichen Stichtagsregelung des § 1384 BGB errechnet. Die jetzt entstandene Unbilligkeit ist Folge der vorgegebenen schematischen Berechnung – und folglich hinzunehmen.
Nur wenn zum Vermögensverfall noch spezielle Umstände hinzukommen, soll es für den – unverschuldet vermögenslos gewordenen – Ausgleichsschuldner unerträglich werden können, das errechnete Ergebnis hinzunehmen und zu zahlen. Der BGH sah in dem von ihm entschiedenen Fall – Aktiendepot des Ehemannes hatte sich während des Scheidungsverfahrens fast halbiert – solche Umstände nicht für gegeben.
Auch in diesem Zusammenhang – unverschuldeter Vermögensverfall während des Scheidungsverfahrens – greift die Judikative die Kritik an der restriktiven Interpretation der groben Unbilligkeit also nicht auf. Deshalb auch hierzu der Vorschlag, das Problem de lege ferenda anzugehen. So schlägt die DFGT-Reformkommission vor, in § 1381 BGB festzuschreiben, dass der Ehegatte die Zahlung wegen grober Unbilligkeit auch dann verweigern kann, wenn sein Vermögen nach dem Stichtag für die Berechnung der Ausgleichsforderung "ohne sein Verschulden an Wert verloren" hat.