Ob der Ausgleich des Zugewinns auch wegen persönlichem Fehlverhalten grob unbillig sein kann, ist problematisch.
Der Wortlaut des Gesetzes, der wirtschaftliches Fehlverhalten als ein "insbesondere" die grobe Unbilligkeit begründenden Umstand nennt, gibt beides her. Man kann das "insbesondere" so lesen, dass immer ein wirtschaftliches Fehlverhalten gefordert ist, man kann es aber auch so verstehen, dass die wirtschaftliche Verfehlung nur als allgemeines Beispiel aufgeführt ist, das die Relevanz persönlichen Fehlverhaltens nicht ausschließt.
Überwiegend wird letztere Lesart für richtig gehalten und angenommen, dass auch Fehlverhalten auf persönlichem Gebiet die grobe Unbilligkeit begründen kann – und zwar auch dann, wenn es keine ökonomischen Auswirkungen hat.
Denn dass persönliches Fehlverhalten jedenfalls dann beachtlich ist, wenn es sich vermögensmäßig zum Nachteil des ausgleichspflichtigen Ehegatten ausgewirkt hat, ist nicht umstritten. Hier stellt es – indirekt – diesem gegenüber ja auch ein wirtschaftliches Fehlverhalten dar. Paradebeispiel einer personalen Verfehlung, die die ehelichen Vermögensverhältnisse negativ tangiert, ist die außereheliche Sexualbeziehung der Ehefrau, aus der ein Kind entstanden ist, das als scheineheliches vom Ehemann alimentiert wurde. Abgesehen von den Unterhaltskosten erwachsen einem Ehemann hier Kosten für die Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes und in der Regel auch Kosten für das Scheidungsverfahren.
Was aber ist nun, wenn der Verstoß gegen personale Ehepflichten keine wirtschaftlichen Auswirkungen hat? Muss es dann güterrechtlich unbeachtlich bleiben?
Für die Unbeachtlichkeit spricht zunächst, dass es im Zugewinnausgleich um die Partizipation an dem in der Ehe gemeinsam erwirtschafteten Gewinn geht. Ausgeglichen wird die gemeinschaftlich erzielte wirtschaftliche Lebensleistung, die der Ehegatte in der Ehe "(mit)verdient" hat. Vor allem aber spricht für die Unbeachtlichkeit persönlichen Fehlverhaltens das für die Scheidung und ihre Folgen geltende Zerrüttungsprinzip. Unter der Geltung dieses Prinzips darf Fehlverhalten auf der persönlichen Ebene im Zusammenhang mit der Scheidung und der Abwicklung der Ehe prinzipiell keine Rolle spielen.
Gleichwohl gibt es nun aber krasse Fälle, in denen das Fehlverhalten eine Dimension erreicht hat, die diese Argumente und Bedenken zurücktreten lassen. Es ist zu konzedieren, dass in extremen Ausnahmekonstellationen persönliches Fehlverhalten – auch ohne negative ökonomische Auswirkungen – dazu führen kann, dass es dem von dem Fehlverhalten betroffenen Ehegatten schlichtweg nicht zumutbar ist, die Ausgleichsforderung des anderen zu erfüllen.
Das ist nach allgemeiner Meinung der Fall, wenn sich der ausgleichsberechtigte Ehegatte einer Straftat gegenüber seinem Partner oder diesem nahestehenden Personen schuldig gemacht hat. Die Konstellationen also, die zur Erbunwürdigkeit führen (§ 2339 BGB) oder die die Entziehung des Pflichtteils rechtfertigen (§ 2333 BGB), rechtfertigen es auch, die Erfüllung der Ausgleichsforderung zu verweigern.
Entschieden wurde dies bei Sexualdelikten des Ehemannes – wie schwerer sexueller Missbrauch der gemeinsamen Tochter oder Vergewaltigung der Stieftochter.
Auch einer jahrzehntelang misshandelten Ehefrau wurde das Recht konzediert, die Ausgleichszahlung zu verweigern. Und auch nach Tötung der Ehefrau kann der Ehemann nicht von deren Erben Ausgleich des Zugewinns verlangen.
Außer Straftaten haben die Gerichte der Verletzung der ehelichen Treuepflicht güterrechtliche Relevanz eingeräumt – allerdings nur dann, wenn dieses schwerwiegend war, wenn es also aufgrund der konkreten Umstände besonders kränkend oder etwa auch von längerer Dauer war.
Über den Konsens, extremem persönlichen Fehlverhalten Relevanz einzuräumen, hinaus geht der Vorschlag der DFGT-Reformkommission, § 1381 BGB dahingehend zu ergänzen, dass der Ausgleich des Zugewinns auch bei "schwerwiegender" Verletzung der persönlichen Eheverpflichtungen grob unbillig sein kann.
Unabhängig vom Grad des persönlichen Fehlverhaltens aber ist der Aspekt, dass es beim Zugewinnausgleich um die Teilung des in der Vergangenheit gemeinsam erwirtschafteten Gewinns geht, im Rahmen der Höhe der Sanktion zu berücksichtigen. Gerechtfertigt ist insofern in der Regel nur die Herabsetzung, nicht aber der vollständige Ausschluss des Anspruchs des Ehegatten auf Teilhabe am ehelichen Gewinn. Weil er das, was er jetzt als Zugewinn von dem anderen verlangt, in guten Zeiten (mit)erwirtschaftet hat, ist sein Anspruch nur zu kürzen, nicht aber völlig auszuschließen.