Regional sehr unterschiedlich agiert die Justiz im Familienrecht. Dies gilt für die Erledigungsquoten, also vor allem auch die Schnelligkeit der Gerichte. Mag es in Bayern (noch) keine großen Beschwerden geben, sind diese in Berlin umso massiver. Man kann es nicht leugnen: In den Ländern macht der für die Justiz zur Verfügung stehende Haushalt "die Musik".
Der DAV (Deutscher Anwaltverein) und der DRB (Deutscher Richterbund) haben sich bereits veranlasst gesehen, eine gemeinsame Presseerklärung herauszugeben. Beide Verbände fordern darin (hinsichtlich des Jugendstrafrechts) eine bessere sachliche und personelle Ausstattung der Justiz, um vor allem zeitnahe Verurteilungen zu erreichen, sowie die Selbstverwaltung der Justiz, um deren Unabhängigkeit und Leistungsfähigkeit zu stärken.
Der Bedarf werde bislang nicht von denen festgesetzt, die ihn aus der eigenen täglichen Arbeit kennen. Die Justiz sei vielmehr sowohl bei der Zuweisung oder Streichung von Stellen und Haushaltsmitteln als auch bei der Einstellung und Beförderung vom Wohlwollen der Justizverwaltungen und der Finanzminister abhängig.
Dieser Einschätzung können sich die Familienanwälte nur anschließen. Wir stellen fest, dass einstweilige Anordnungsverfahren bereits so lange dauern wie das Hauptsacheverfahren. Oft werden daher Hauptsache und Eilverfahren gemeinsam terminiert. In Kindschaftssachen erfolgt eine Terminierung oder schnelle Entscheidung mit dem lapidaren Hinweis nicht, man müsse zuvor das Jugendamt anhören. Das heißt aber, man will den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Jugendamtsberichte sind nicht vor Ablauf von drei Monaten zu erwarten, da auch dort derzeit andere Schwerpunkte die knappen vorhandenen Ressourcen erheblich überfordern.
Gleichzeitig ist der Anspruch an die Qualität richterlicher Entscheidungen erheblich gestiegen, der Informations- und Zeitdruck verstärkt sich ständig, der Druck der Länderregierungen, effektiv und kostensparend zu arbeiten, macht sorgfältige Arbeit schwer.
Der Anspruch auf beschleunigte Erledigung steht bereits in Gesetzentwürfen, eine Anwesenheitspflicht an der – oft unzureichend ausgestatteten – Arbeitsstelle wird allenthalben gefordert. Die notwendige Fortbildung der Richterschaft ist daneben nicht zufriedenstellend, wie gerade jetzt – kurz nach dem Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts – deutlich zu bemerken ist.
Auch wir Familienanwälte sollten daher gemeinsam Widerstand dagegen leisten, dass die Justiz weiter finanziell ausgedünnt wird, Stellen gestrichen und nicht neu besetzt werden. Das gilt für den sogenannten Unterbau wie für die Richterstellen.
Angesichts des am Horizont "drohenden" neuen FamFG müssen vielmehr die Anstrengungen verstärkt werden, die dort niedergelegten gesetzgeberischen (guten) Absichten auch durch ausreichendes Personal, sowohl in den Gerichten als auch in den Jugendämtern abzusichern. Das Gesetz und vor allem das so dringend notwendige große Familiengericht laufen sonst ins Leere. Hehre Absichten könnten an der Realität der knappen Justizhaushalte scheitern.
Ingeborg Rakete-Dombek, Rechtsanwältin und Notarin, Fachanwältin für Familienrecht, Berlin