1.
In gänzlich anderer Tendenz zu sehen ist eine Entscheidung des OLG Hamm vom 17.7.2007. Dieser Entscheidung, ebenfalls gerichtet auf die Titulierung eines Trennungsunterhaltes, lag folgender Sachverhalt zugrunde.
Der Unterhaltsschuldner hatte nach Abschluss seines Studiums der Betriebswirtschaft zunächst eine Stelle als Trainee im Bereich Marketing bei einem deutschen Großunternehmen angetreten und dort die Position eines Produktmanagers erlangt, bevor er zu einem weiteren Großunternehmen für technische Produkte wechselte, wo er für die Dauer von fünf Jahren ebenfalls als Produktmanager tätig war. Diese Position verließ er, um in einem Unternehmen der Bauzulieferindustrie als Abteilungsleiter des Produktmarketing tätig zu werden.
In zeitlichem Zusammenhang mit dieser Tätigkeit hatten die Ehegatten 1997 ein Hausanwesen in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes erworben und die beiden aus der Ehe hervorgegangenen Kinder auch dort zur Einschulung gebracht. Etwa zwei Jahre später plante der Arbeitgeber des Unterhaltsschuldners einen Unternehmensverkauf, so dass sich der Unterhaltsschuldner vorsorglich in angemessener räumlicher Nähe zum Wohnort der Familie um eine neue Tätigkeit bewarb und bei einem deutlich umsatzschwächeren Unternehmen (Jahresumsatz 250 Mio. EUR) auch eine solche fand. Das Arbeitsverhältnis wurde auf Veranlassung des Arbeitgebers zum September 2000 beendet, wobei der Unterhaltsschuldner jedoch erneut im Bereich der Bauzulieferindustrie (Jahresumsatz des Unternehmens 20 Mio. EUR) und zudem in einer zum Wohnort der Familie angemessenen räumlichen Distanz eine Anstellung als Brand & Design Manager erhielt, zeitlich befristet zunächst bis Ende 2005.
Nachdem es im März 2004 zur Trennung der Ehegatten gekommen war, wurde dem Unterhaltsschuldner im Jahr 2005 eine Tätigkeit als Bereichsleiter für den Geschäftsbereich Industrieprodukte angeboten bei einem weltweit agierenden Unternehmen (Jahresumsatz des Unternehmens 3 Mrd. EUR), einhergehend allerdings auch mit einem Wohnortwechsel in ein anderes Bundesland. Die im Zuge dieses Arbeitsplatzwechsels eingetretene Einkommenssteigerung hat das OLG Hamm mit rund 17 % ermittelt.
Bei der Titulierung des Trennungsunterhaltes hat der Senat unter Ablehnung der Annahme eines Karrieresprungs die aktuellen Bezüge des Unterhaltsschuldners als bedarfsprägend erachtet.
2.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das OLG Hamm folgende Erwägungen herausgearbeitet:
- Unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Anhörung der Parteien sei der Senat davon überzeugt, dass ein Karrieresprung nicht vorliege, da bei der Trennung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen sei, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltsschuldners verbesserten;
- der Unterhaltsschuldner selbst habe dargelegt, dass er sich nach Beendigung des Studiums systematisch "hochgearbeitet" habe;
- er habe wiederholt seine Arbeitgeber gewechselt und auf Herausforderungen flexibel reagiert;
- bereits während des ehelichen Zusammenlebens habe er sich, wenn auch erfolglos, in Süddeutschland um eine Vorstandsposition beworben, die er nach dem unwidersprochenen Sachvortrag seiner Ehefrau nur deshalb nicht habe erlangen können, weil er in der "Karrierehierarchie" noch nicht weit genug oben gewesen sei;
- bei seinen Arbeitsplatzveränderungen habe er sich auch in der Vergangenheit sog. Headhunter bedient; wenn er sich unter diesen Umständen im Jahr 2005 beruflich neu orientiert und nicht eine, als möglich unterstellte, Verlängerung seines Arbeitsvertrages bei seinem bisherigen Arbeitgeber gewählt habe, so handele es sich um ein mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartendes Ereignis, das auch ohne die vorangegangene Trennung der Ehegatten eingetreten wäre.
3.
Diese Begründung zur Ablehnung eines Karrieresprungs nimmt in der ansonsten 36 Seiten umfassenden Urteilsbegründung gerade eine dreiviertel Seite in Anspruch.
Woraus der Senat im Einzelnen "die bereits zum Zeitpunkt der Trennung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartende Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltsschuldners" ableitet, führt er mit keinem einzigen Satz näher aus. Hier konnte und musste eine weitergehende Darstellung erwartet werden, aus welchen konkreten Äußerungen und auch welcher Partei im Einzelnen der Senat seine Überzeugung ableitet.
Dass ein Unterhaltsschuldner mit akademischer Grundausbildung versucht, sich systematisch beruflich weiterzubringen, ist eine Selbstverständlichkeit und lässt zutreffend nicht per se auf einen Karrieresprung schließen im Zusammenhang mit einer beruflichen Veränderung. Vermisst wird hier allerdings das Bemühen um eine am jeweiligen Sachverhalt orientierte, objektiv ausgewogene Argumentation, wie sie das OLG Celle in der vorab dargestellten Entscheidung führte, d.h. verschiedene Einzelaspekte einer Gesamtbetrachtung zugeführt hat. Dabei wäre durchaus zu berücksichtigen gewesen, dass nicht einmal die Unterhaltsgläubigerin selbst im Rahmen ihrer Anhörung vorgetragen hat, dass zum Zeitpunkt der Trennung...