EMRK Art. 8 , GG Art. 6 Abs. 1, 2 S. 1, 3, BGB § 1632 Abs. 4
Leitsatz
Ein Pflegekindverhältnis ist institutionell auf Zeit angelegt. Ziel ist entweder die Rückführung des betroffenen Kindes zu den leiblichen Eltern oder die Adoption des Kindes durch die Pflegeeltern oder Dritte, wobei in erster Linie die Zusammenführung des Kindes mit seinen leiblichen Eltern anzustreben ist.
(Leitsätze des Einsenders)
OLG Köln, Beschl. v. 15.12.2007 – 14 UF 103/07 (AG Waldbröl)
Aus den Gründen
Gründe: I. Der Antragsteller und Frau N W sind die leiblichen Eltern des betroffenen Kindes. Der Kindesmutter wurde das Sorgerecht für C entzogen und es wurde Vormundschaft angeordnet. Zum Vormund wurde der weitere Beteiligte zu 4) (Jugendamt) bestellt. Seit März 2001 lebt das Kind bei den weiteren Verfahrensbeteiligten zu 2). Der Antragsteller und seine Eltern pflegen ständig Kontakt mit dem Kind.
Der Kindesvater hat beantragt, die Vormundschaft aufzuheben und ihm die elterliche Sorge für C zu übertragen. Diese Anträge hat das AG durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen und zugleich den Verbleib des Kindes bei den Verfahrensbeteiligten zu 2) angeordnet. Außerdem hat es Regelungen zum Umgangsrecht des Antragstellers mit dem Kind getroffen.
Mit seiner fristgerecht erhobenen Beschwerde wendet sich der Antragsteller gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Übertragung des Sorgerechts. Der Senat hat eine mündliche Verhandlung durchgeführt und anschließend das betroffene Kind persönlich angehört.
II. Die zulässige Beschwerde führt zu dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
I. Der Senat hatte sich im Beschwerdeverfahren nur mit der Frage der Übertragung der elterlichen Sorge auf den Antragsteller zu befassen, weil die Entscheidung des AG nur insoweit angefochten worden ist. Soweit in der Beschlussformel das Umgangsrecht des Antragstellers angesprochen ist, handelt es sich deshalb nur um eine Klarstellung.
2. Aus der Beschränkung der Beschwerde auf das Sorgerecht folgt zugleich, dass der von dem Vormund mit Schriftsatz vom 4. 12.2007 gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Umgangsrecht keinen Erfolg haben kann, weil der Senat für eine solche Entscheidung nicht zuständig ist. Hierzu wird auf den Beschluss des Senats vom 24.7.2007 verwiesen, mit welchem ein Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Umgangsrecht zurückgewiesen worden ist.
3. Der Senat gelangt nach der mündlichen Verhandlung und der Anhörung des Kindes unter Würdigung des Gutachtens der Sachverständigen S sowie der Stellungnahmen sämtlicher Beteiligter zu dem Ergebnis, dass die elterliche Sorge für das betroffene Kind auf den Antragsteller zu übertragen, zugleich aber der Verbleib des Kindes bei den Pflegeltern anzuordnen ist.
a) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das AG davon ausgegangen, dass die Übertragung des Sorgerechts auf den Antragsteller nur nach §§ 1696, 1680 BGB in Betracht kommt. Das entspricht der Rspr. des BGH (FamRZ 2005, 1469). Entscheidend ist dabei, ob die Übertragung dem Kindeswohl dient. Dieser Prüfungsmaßstab ergibt sich aus §§ 1680 III, II 2 BGB. Die strengeren Anforderungen nach § 1696 I BGB – triftige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe – müssen hingegen nicht erfüllt sein (Luthin in seiner Anmerkung zu der vorgenannten BGH-Entscheidung, FamRZ 2005, 1471). Bei der Auslegung des Begriffs des Kindeswohls ist der Vorrang des Erziehungsrechts der leiblichen Eltern nach Art. 6 II 1 GG zu beachten (OLG Hamm FamRZ 2004, 1664), der auch gegenüber den – ebenfalls grundgesetzlich nach Art. 6 I und III GG geschützten – Rechten der Pflegefamilie gilt (vgl. BVerfG FamRZ 1999, 1417 ff. [1418 unter II.1.a]; BGH FamRZ 2007, 1969 ff. [1972]), wobei im Konfliktfall letztlich das Kindeswohl ausschlaggebend bleibt (vgl. auch BVerfG FamRZ 2005, 783 ff.).
b) Die Sachverständige S ist in ihrem schriftlichen Gutachten vom 21.2.2007 zu der Schlussfolgerung gelangt, dass auf längere Sicht ein Wechsel des betroffenen Kindes in die Obhut des Vaters und die Rückkehr in die väterliche Familie – in die es durch die intensiven Umgangskontakte in der Vergangenheit ebenfalls liebevoll eingebunden ist – ermöglicht werden sollte, wobei es allerdings einer behutsamen Vorbereitung bedürfe. Aus fachlicher Sicht sei es deshalb gegen das Wohl des Kindes gerichtet, ihm die bisherige enge Beziehung zur väterlichen Familie vorzuenthalten, indem Umgangskontakte eingeschränkt würden. Die Sachverständige hat dem Antragsteller – wie auch seinen Eltern – eine grundsätzliche Erziehungseignung attestiert, zugleich aber Vorbehalte hinsichtlich der Stabilität der persönlichen Lebenssituation des Antragstellers geltend gemacht und vor allem Bedenken dahingehend geäußert, dass sich der Antragsteller bisher noch nicht hinreichend mit den besonderen Schwierigkeiten auseinandergesetzt hat, die mit einem Aufenthaltswechsel des Kindes verbunden sind. Bei dieser Bewertung ist die Sachverständige auch im Beschwerdeverfahren geblieben.
c) Nach diesen überzeugenden Aus...