Grundlegende Kritik an § 163 Abs. 2 FGG-RG wird vor allem im Hinblick auf ein denkbares Scheitern der Vermittlungsbemühungen des Sachverständigen geübt. Allerdings erfolgt ein Rollenwechsel vom Mediator zum Sachverständigen auch dann nicht, wenn die Vermittlungsbemühungen des Sachverständigen scheitern, wie Willutzki befürchtet, wenn zunächst die Daten erhoben und erst dann zum Mittel der Intervention gegriffen wird.
Im Übrigen darf der vom Gericht bestellte Sachverständige nicht als Mediator auftreten, sondern, wie bereits mehrfach hervorgehoben, lediglich als ein durch Gerichtsbeschluss auf Einvernehmen hinwirkender Gerichtsgutachter, der sich beispielsweise mediativer Techniken bedient.
Auch die Befürchtung, dass der Sachverständige vom Familiengericht keinen Auftrag zur Begutachtung bekommen könnte, sondern nur noch den Auftrag, auf Einigung hinzuwirken, ist nach dem Wortlaut der Vorschrift und den Begründungen und Erläuterungen eines der Entwurfsverfasser nicht zu befürchten.
Dieser Kritik ist darüber hinaus entgegenzuhalten, dass der Sachverständige zunächst den diagnostischen Prozess (Gespräche, Beobachtungen, gegebenenfalls testpsychologische Untersuchungen) durchzuführen hat, um sodann – auch – unter Zuhilfenahme der neuen diagnostischen Erkenntnisse, den Eltern oder sonstigen Personen, Hilfe und Unterstützung zu geben, um eine gemeinsam getragene Lösung anzustreben und zu finden.
Die weitergehende Kritik, die Parteien könnten die Person des Sachverständigen nicht aussuchen, sie würden den theoretischen Hintergrund des Sachverständigen nicht kennen, der Sachverständige sei anders als das Jugendamt nicht dem Kindeswohl und dem Elternprimat verpflichtet oder die Kosten der Vermittlung ginge zu Lasten des Justizhaushaltes oder auf Kosten der Eltern, erscheinen nicht gravierend:
1. Auch ein Mediator einer freien Beratungsstelle kann normalerweise nicht "ausgesucht" werden, da hier wohl eher freie Kapazitäten ausschlaggebend sind. Ebenso wenig wird der theoretische Hintergrund eines Mediators oder psychologischen Beraters bekannt sein bzw. in Erfahrung gebracht werden.
2. Auch der Sachverständige ist wie das Familiengericht dem Kindeswohl verpflichtet. Das Kindeswohl stellt die verfahrensrechtlich wichtigste Leitlinie im familienrechtlichen Verfahren dar, an die sich alle Beteiligten zu halten und zu orientieren haben.
3. Es ist richtig, dass der Sachverständige nicht dem Elternprimat verpflichtet ist. Der Sachverständige ist Gutachter und Vermittler in schwierigen Kindschaftssachen, nicht aber "Anwalt" der Eltern.
4. Ein Begutachtungsprozess, der mit Teillösungen oder sogar Einvernehmen endet, wird in aller Regel weitaus weniger Kosten verursachen als die schriftliche Ausarbeitung eines umfangreichen Gutachtens mit 40 oder mehr Seiten. Eine strukturierte und zielorientierte Intervention mit dem Ziel, auch auf die Herstellung des Einvernehmens zwischen den Beteiligten hinzuwirken, wird kaum mehr als zwei bis drei Stunden umfassen, da nach der Zeit des vorangestellten Begutachtungsprozesses mit 10 bis 20 Stunden Arbeitszeit und spätestens nach Ablauf von zwei bis drei weiteren Stunden entweder Einvernehmen hergestellt ist oder die Aussichtslosigkeit derartiger Bemühungen für alle Beteiligten offenkundig wird.