Das Urteil des BGH vom 16.7.2008 (s.o. unter II. 1) erscheint nicht verallgemeinerungsfähig; die Entscheidung kann insbesondere keine Grundlage für ein neues Altersphasenmodell sein. Unter Umständen wird der BGH Gelegenheit haben, die Frage im Rahmen der Revision gegen das Urteil des KG vom 25.4.2008 (E 6) oder des OLG München vom 4.6.2008 (E 12) klarzustellen.
Ohne neue Fallgruppen ist die Situation mit Sicherheit relativ unbefriedigend. Im Beratungsbereich sind die Unsicherheiten größer geworden. Im streitigen Verfahren muss der schriftsätzliche Vortrag notwendigerweise umfangreicher ausfallen, wenn das Kindesalter nicht mehr das entscheidende Kriterium ist, sondern nur noch ein Merkmal unter vielen im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung darstellt.
Wie die Übersicht der Rechtsprechung der Instanzgerichte zum Betreuungsunterhalt nach neuem Recht (s.o. unter II. 2) zeigt, wird das Ergebnis der neuen Gesetzeslage von vielen Gerichten als zu hart empfunden; die Ausführungen zu den Realitäten von kindlicher Entwicklung und schulischer Belastung, zu der u.U. ungleichen Lastenverteilung (E 7, 16) und den Schwierigkeiten alleinerziehender Eltern auf dem Arbeitsmarkt sind durchaus überzeugend. Allerdings erscheinen die gesetzlichen Vorgaben eindeutig; man wird sie weder über Rechtsprechung noch über anderslautende unterhaltsrechtliche Leitlinien (s.o. unter I. 3) "aushebeln" können, indem – pauschaliert nach Fallgruppen – auf das Kindesalter abgestellt wird. Es kann – und darf – nicht Aufgabe der Rechtsprechung sein, Gesetze unter Außerachtlassung von deren Wortlaut, Systematik und Begründung "durch die Hintertür" in ihrem Anwendungsbereich grundlegend umzugestalten, zumal der aktuellen Gesetzesfassung eine insoweit eindeutige Entscheidung des BVerfG vorausgegangen ist.
Im Ergebnis dürfte eine Klage, mit der über die "Basiszeit" hinausgehender Betreuungsunterhalt geltend gemacht wird, ohne weiteres abweisungsreif sein, wenn im Vortrag nur auf das Kindesalter abgestellt wird, ohne dass zu einer besonderen Betreuungsbedürftigkeit des Kindes vorgetragen würde. Erforderlich scheint in jedem Fall ein ergänzender Vortrag von Tatsachen, die im Einzelfall im Rahmen einer Gesamtabwägung eine Anspruchsverlängerung aus Gründen der Billigkeit rechtfertigen, zum Beispiel deshalb, weil mehrere Kinder zu betreuen sind (vgl. E 9, 18) oder der betreuende Elternteil – über das übliche Maß hinaus – durch die Schwierigkeit einer Erwerbstätigkeit neben der Kindesbetreuung besonders belastet ist.