Dr. Susanne Offermann-Burckart
Eine Sonderrolle nimmt der Rechtsanwalt wahr, der als Mediator (oder auch als Vermittler oder Schlichter – vgl. § 18 BORA) tätig wird. Er vertritt keine Interessen, sondern übernimmt lediglich eine gesprächsleitende Funktion, die ihn zu Objektivität, Neutralität und Unvoreingenommenheit zwingt. Folgerichtig nimmt das neue RDG in § 2 Abs. 3 Nr. 4 die Mediation und jede vergleichbare Form der alternativen Streitbeilegung aus dem Bereich der Rechtsdienstleistung aus, "sofern die Tätigkeit nicht durch rechtliche Regelungsvorschläge in die Gespräche der Beteiligten eingreift". Der Gesetzgeber versteht dabei Mediation als "Methode der außergerichtlichen Konfliktbearbeitung, in der ein neutraler Dritter (Mediator) die Beteiligten dabei unterstützt, ihren Streit im Wege eines Gesprächs beizulegen und selbstständig eine für alle Seiten vorteilhafte Lösung zu finden, die dann eventuell in einer Abschlussvereinbarung protokolliert wird". Die Mediation sei eine kommunikative Handlung eines neutralen Dritten mit dem Ziel der Herstellung von "Verständigungsprozessen". Zwar könne Mediation Rechtsinformationen beinhalten und sich auf Rechtsverhältnisse beziehen sowie Regelungsmöglichkeiten zur Diskussion stellen, doch überlasse sie den Konfliktparteien die Gestaltung ihrer Rechtsverhältnisse eigenverantwortlich.
Fraglich ist, ob der Rechtsanwalt, der in einer bestimmten Angelegenheit die Rolle des Mediators übernommen hat, später – etwa nach Scheitern der Mediation – noch als Vertreter einer der Parteien tätig werden darf. Da es sich, wie festgestellt, bei der Mediation gerade nicht um Interessenvertretung handelt, ist dies – zumindest dogmatisch – nicht von vornherein ausgeschlossen. Der umgekehrte Fall, nämlich die Situation, dass ein Anwalt, der zunächst eine der Parteien beraten hat, später von beiden Parteien zum Mediator bestimmt wird, ist zwar theoretisch denkbar, dürfte in der Praxis aber nicht vorkommen. Denn die Parteien werden nur jemanden, den sie für neutral halten, mit der Mediatorenrolle betrauen.
Einigkeit besteht darüber, dass der zuvor als Mediator tätige Rechtsanwalt nicht später in derselben Angelegenheit das Mandat einer der Parteien übernehmen darf. Darüber, wie dieses Ergebnis zu begründen bzw. zu "erzwingen" ist, herrscht allerdings Uneinigkeit.
Die wohl h.M. nimmt auch in der Situation, dass der vorherige Mediator später für eine der Parteien anwaltlich tätig wird, immer eine Interessenkollision, zumindest einen Verstoß gegen § 43a Abs. 4 BRAO, an.
Das OLG Karlsruhe formuliert in seinem Urteil vom 26.4.2001, zwar führe der Umstand, dass der Anwaltsmediator nicht von einer Partei, sondern von zwei Parteien mit unterschiedlicher Zielvorstellung zur gemeinsamen Beratung und Vermittlung beauftragt werde, noch nicht automatisch zu der Annahme eines Verstoßes gegen § 43a Abs. 4 BRAO, weil selbst bei divergierenden Interessen die Einschaltung eines gemeinsamen Rechtsanwalts nicht prinzipiell verboten sei. Doch dürfe der Rechtsanwalt nach Beendigung der Mediation nicht eine Partei in derselben Angelegenheit weiter beraten und vertreten, wofür von der Literatur auch § 45 Abs. 1 Nr. 3 BRAO ins Feld geführt werde. Betrachtet man allerdings den der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt, stellt man fest, dass es in dem konkreten Fall nicht nur um eine rein mediative Tätigkeit des Anwalts ging. Vielmehr "entwarf er zum Beispiel auch eine Scheidungsvereinbarung". Später vertrat er dann die Ehefrau anwaltlich im Scheidungsverfahren. Durch den Entwurf einer Scheidungsvereinbarung hat der Anwalt den Bereich dessen, was eigentlich unter Mediation in dem vorstehend beschriebenen Sinne zu verstehen ist, verlassen. Die Ausführungen des OLG, wonach der Anwalt bereits im entgegengesetzten Interesse tätig geworden sei, sind deshalb zutreffend.
Beschränkt sich dagegen die Tätigkeit des Anwalts auf Mediation im eigentlichen Sinne, liegt gerade keine Interessenvertretung vor. Allerdings könnte man versuchen, ganz abstrakt dahin zu argumentieren, dass der Mediator zumindest insoweit den Interessen der Medianten verpflichtet ist, als sein Tun auf einen möglichst verträglichen Ausgleich dieser Interessen und eine allgemeine Befriedung der Situation gerichtet ist. Von diesem Standpunkt aus "verrät" er das Interesse aller Medianten an einer gütlichen Einigung, wenn er später auf der Seite einer der Parteien die streitige Auseinandersetzung vorantreibt.
Von denjenigen, die ein Handeln "im entgegengesetzten Interesse" ablehnen, wird z.T. ein Vertretungsverbot des früheren Anwaltsmediators aus § 45 BRAO hergeleitet, wobei die Meinungen darüber, welcher Absatz und welche Ziffer der genannten Vorschrift zur Anwendung kommen, wiederum auseinander gehen. Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Frage, ob Mediation durch einen Rechtsanwalt anwaltliche Tätigkeit ist. Verneint man dies, ist der Weg frei für eine Anwendung von § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO, der besagt, dass der Rechtsanwalt nicht tätig werden darf, "wenn er in d...