Vor Erhebung eines Abänderungsantrags ist zur Vermeidung von anwaltlichen Regressen zu prüfen, ob das Abänderungsverfahren der richtige Weg ist, um einer Veränderung der tatsächlichen und/oder rechtlichen Verhältnisse nach der Schaffung des alten Titels Rechnung zu tragen. Wenn Zweifel verbleiben, welcher Weg der verfahrensrechtlich zutreffendere ist, sollte der Antragsteller unbedingt einen Hilfsantrag in der jeweils zusätzlich in Betracht kommenden Antragform stellen und ggf. um einen gerichtlichen Hinweis bitten. Die Gerichte sind nach § 113 FamFG i.V.m. § 139 ZPO verpflichtet, in jeder Lage des Verfahrens auf sachdienliche Anträge hinzuwirken und unklare Anträge auszulegen.
a) Abgrenzung zum Vollstreckungsabwehrantrag
Ein Abänderungsantrag bietet sowohl dem Unterhaltsschuldner als auch dem Unterhaltsgläubiger die Möglichkeit, einen Unterhaltstitel unter Durchbrechung seiner Rechtskraft an geänderte Verhältnisse anzupassen, weil sich die dem Titel zu Grunde liegenden Umstände anders entwickelt haben als angenommen. Mit einem Vollstreckungsabwehrantrag kann nur der Unterhaltsschuldner rechtsvernichtende oder rechtshemmende Einwendungen gegen den titulierten Anspruch geltend machen und damit nicht den Titel selbst, sondern nur seine Vollstreckbarkeit beseitigen.
Ein Vollstreckungsabwehrantrag ist insbesondere die richtige Antragsart, wenn
- ein Unterhaltstitel (z.B. wegen einer unbestimmten Anrechnungsklausel von erbrachten Leistungen) zu unbestimmt und damit nicht vollstreckungsfähig ist,
- ein Unterhaltsanspruch zeitlich beschränkt war und über die Zeitgrenzen hinaus weiter vollstreckt wird,
- nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes und des damit verbundenen Wegfalls der gesetzlichen Vertretung von dem Elternteil aus dem Titel über Kindesunterhalt weiter vollstreckt wird; dies gilt auch für den Unterhaltsrückstand,
- der Unterhaltsanspruch wegen Begründung einer Lebenspartnerschaft oder Tod des Unterhaltsberechtigten entfällt, § 1586 Abs. 1 BGB,
- der Unterhaltsanspruch wegen Wiederverheiratung des Unterhaltsberechtigten entfällt, § 1586 Abs. 1 BGB; dies gilt jedoch nicht, wenn eine Abfindung für künftigen Unterhalt gezahlt wurde und der Bedürftige kurze Zeit später eine neue Ehe eingeht,
- nach Rechtskraft der Scheidung aus einem Titel auf Trennungsunterhalt weiter vollstreckt wird, denn der Anspruch auf Trennungsunterhalt ist mit der Scheidung beendet; für den nachehelichen Unterhalt ist wegen der Verschiedenheit der Verfahrensgegenstände ein neuer Titel erforderlich,
- Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 BGB oder § 1611 BGB geltend gemacht wird; möglich ist auch eine Abänderungsklage,
- die Beteiligten nach Erlass der Entscheidung in der Hauptsache einen Unterhaltsverzicht oder einen Vollstreckungsverzicht vereinbart haben,
- Erfüllung oder Erfüllungssurrogate (z.B. Leistung von Naturalunterhalt durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil während der Ferienzeiten oder während des Aufenthalts des Kindes bei abwechselnder Kinderbetreuung) vorgetragen werden,
- bei einem bestehenden Unterhaltsrückstand der Unterhaltsschuldner Erlass, Verjährung, Verwirkung des Rückstandes oder Stundung vorträgt,
- mit dem Unterhalt aufgerechnet wird; hiervon ist die häufig in laufenden Verfahren vorgenommene Verrechnung von Überzahlungen und Nachzahlungen zu unterscheiden, weil es sich hier um eine Saldierung handelt,
- das Erreichen der Haftungssumme nach einer Umschreibung des Titels gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 727 ZPO geltend gemacht wird.
In einer Konstellation kann i.d.R. sowohl ein Abänderungsantrag als auch ein Vollstreckungsabwehrantrag erhoben werden. So kann die Verwirkung eines Unterhaltsanspruchs (§§ 1579, 1611 BGB), die eine rechtsvernichtende Einwendung darstellt, auch mit einem Abänderungsantrag geltend gemacht werden, wenn sie Einfluss auf die wirtschaftlichen Verhältnisse hat. Dies ist z.B. der Fall beim Zusammenleben des Unterhaltsberechtigten mit einem neuen Lebensgefährten. Einen nach der Schaffung eines Unterhaltstitels einsetzenden Rentenbezug des Unterhaltsberechtigten kann der Unterhaltspflichtige nach einer Änderung der Rechtsprechung des BGH im Jahr 2005 nur noch mit einem Abänderungsantrag vortragen.