Für die Beurteilung, ob sich die Verhältnisse wesentlich geändert haben, kommt es nicht auf das Ausmaß einzelner veränderter Umstände an, sondern darauf, ob die gesamten für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Verhältnisse eine wesentliche Veränderung erfahren haben. Die Wesentlichkeit einer Änderung wird bejaht, wenn sie in einer nicht unerheblichen Weise zu einer anderen Beurteilung des Bestehens, der Höhe oder der Dauer des Anspruchs führt.
Eine Änderung der Höhe des Unterhaltsanspruchs von etwa 10 % wird i.d.R. als wesentlich angesehen. Der Prozentsatz kann jedoch bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen auch darunter liegen.
Eine Veränderung kann nach dem Wortlaut des § 238 FamFG hinsichtlich der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse vorliegen. Eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse liegt oft vor bei
- Absinken des Einkommens des Unterhaltspflichtigen mit der Notwendigkeit des Übergangs von der konkreten Bedarfsermittlung auf eine Quotenberechnung,
- Veränderung der Tabellensätze, RL, Verteilungsschlüssel, Berechnungsmethoden, denn in der Berufung hierauf liegt die Behauptung, die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich in einem der Änderung entsprechenden Maße geändert,
- Erreichen der nächsten Lebensaltersstufe beim Kindesunterhalt,
- Arbeitslosigkeit, die nicht nur vorübergehend ist,
- Ausschluss- oder Herabsetzungsgründen nach § 1579 BGB (z.B. wegen einer verfestigten nichtehelichen Lebensgemeinschaft),
- anteiliger Barunterhaltspflicht (§ 1606 Abs. 3 BGB) beider Elternteile bei Eintritt der Volljährigkeit eines Kindes,
- Bedarfsveränderung wegen Alters,
- Erhöhung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen,
- Fehlgehen einer Prognose, z.B. über die Entwicklung der Einkünfte des Unterhaltsschuldners, oder die Entwicklung einer Erkrankung,
- Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter,
- überholender Kausalität bei Einkommensfiktion, z.B., wenn der Unterhaltspflichtige, der seine Arbeitsstelle mutwillig aufgegeben hat, geltend macht, er hätte den Arbeitsplatz ohnehin aus betriebsbedingten Gründen verloren,
- Vaterschaftsanfechtung durch den Verpflichteten,
- Wiederzusammenleben getrennter Ehegatten,
- Wiederverheiratung des Unterhaltspflichtigen.
Eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse liegt vor bei einer Änderung der Gesetzeslage, bei einer verfassungskonformen Auslegung einer Norm durch das BVerfG und schließlich bei einer Änderung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung, wenn sie eine andere Rechtslage schafft und in ihren Auswirkungen einer Gesetzesänderung nahekommt. Dies ist insbesondere für die geänderte Rechtsprechung des BGH zur Berücksichtigung von Kindergartenkosten, zur Bedarfsbemessung eines früher im Haushalt tätigen Ehegatten (Übergang von der Anrechnungs- zur Differenzmethode, sog. Surrogatsrechtsprechung) und zur trennungs- oder scheidungsbedingten Veräußerung des Familienheims zu bejahen. Ebenso wie bei einer Gesetzesänderung kann eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung erst für die Unterhaltszeiträume Berücksichtigung finden, die auf die Verkündung der die höchstrichterliche Rechtsprechung ändernden Entscheidung folgen.
Neue Beweismöglichkeiten oder eine neue abweichende rechtliche Bewertung gleich gebliebener Umstände sind keine Abänderungsgründe.