Ebenso wie bei dem früheren § 323 Abs. 2 ZPO müssen nach § 238 Abs. 2 FamFG die Abänderungsgründe nach Schluss der Tatsachenverhandlung des Vorverfahrens entstanden sein; ansonsten ist der Antragsteller mit der Veränderung präkludiert. Maßgebender Zeitpunkt ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtszug, wenn im Vorverfahren Beschwerde oder – nach altem Recht – Berufung eingelegt worden ist. Wird das Rechtsmittel zurückgenommen zurückgewiesen oder als unzulässig verworfen, ist auf den Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz abzustellen. Bei mehreren aufeinander folgenden Abänderungsverfahren ist auf den Schluss der mündlichen Verhandlung des letzten Verfahrens abzustellen.
Wenn die Abänderungsgründe nach Schluss der ersten Instanz entstehen (siehe oben unter III.), kann Beschwerde eingelegt oder ein Abänderungsverfahren durchgeführt werden. Falls der Gegner Beschwerde eingelegt hat, sind die Abänderungstatsachen ausschließlich im Wege der unbefristeten Anschlussbeschwerde geltend zu machen, weil alle Abänderungsgründe in einem Verfahren erledigt werden sollen. Eine Anschlussbeschwerde verliert gem. § 66 FamFG ihre Wirkung mit Rücknahme oder Verwerfung. Deshalb kann der im Beschwerdeverfahren Abänderungsberechtigte, ggf. hilfsweise, mit einem Abänderungsgegenantrag (früher Widerklage) vorgehen. Wenn die Anschließung ihre Wirkung verliert, wirkt der Abänderungsantrag auf den Zeitpunkt der Anschließung zurück.
Achtung: § 238 Abs. 2 FamFG ist nicht disponibel! Wenn die Änderung – was in der Praxis häufig vorkommt – trotz der Möglichkeit der Erhebung einer Anschlussbeschwerde erst nach dem rechtskräftigen Abschluss des Beschwerdeverfahrens geltend gemacht wird, scheitert das Abänderungsverfahren an der Präklusion des § 238 Abs. 2 FamFG. Auch ein Vorbehalt des Antragsgegners dahin, dass er seine Rechte in einem späteren Verfahren wahrnehmen werde, schützt nicht vor dem Eintritt der Präklusion!
Für die Präklusionswirkung des § 238 Abs. 2 FamFG kommt es allein darauf an, ob die Gründe, auf die ein Abänderungsantrag gestützt wird, vor oder nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz entstanden sind. Für die zeitliche Zäsur ist maßgeblich, wann die wesentliche Veränderung eingetreten ist, nicht ein eventuell früherer Zeitpunkt, von dem ab eine Änderung absehbar war (z.B. Wegfall von Verbindlichkeiten, Veränderung von Steuerklassen, Eintritt in eine andere Altersstufe beim Kindesunterhalt). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 238 Abs. 2 FamFG kommt es darauf an, wann die wesentliche Veränderung tatsächlich, d.h. objektiv, eingetreten ist, nicht darauf, ob der maßgebliche Umstand erst später bekannt geworden ist. Es ist auch unerheblich, ob die vor der letzten mündlichen Verhandlung bereits vorliegenden Gründe schon Gegenstand der richterlichen Beurteilung waren. Eine "Korrektur" der früheren Entscheidung herbeizuführen, ist dem Abänderungsantragsteller verschlossen.
Praxistipp: Wenn eine Änderung des Anspruchs auf Kindesunterhalt auf Grund des Eintritts in eine höhere Altersstufe unmittelbar bevorsteht, kann dieser Umstand schon ab dem Zeitpunkt des voraussichtlichen Eintritts in die Erstentscheidung aufgenommen werden, denn es handelt sich nicht um einen bedingten Antrag, sondern um einen Antrag auf künftige (höhere) Leistungen, der gem. § 258 ZPO, § 113 Abs. 1 FamFG zulässig ist.
Die Präklusion ist insbesondere bei Umständen, die im Erstverfahren nicht vorgetragen wurden, von Bedeutung. So ist eine Präklusion nach § 238 Abs. 2 FamFG beim Abänderungsantragsteller z.B. zu bejahen, wenn in dem abzuändernden Titel bestimmte Einkommensarten (Wohnvorteil, Kapitaleinkünfte, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) nicht berücksichtigt oder wenn schon im Vorverfahren tatsächlich bestehende höhere Fahrtkosten (z.B. nach einem Umzug) mangels Mitteilung nicht in vollem Umfang angesetzt wurden.
Wenn im Erstverfahren vorgetragene Umstände keine Bedeutung erlangt haben, weil das Gericht hierauf nicht abgestellt hat, kann der Beteiligte im Abänderungsverfahren mit allen bereits vorgetragenen Tatsachen erneut gehört werden, soweit sie die Rechtskraft der Ausgangsentscheidung nicht tangieren. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Beteiligte im Erstverfahren in vollem Umfang obsiegt hat. Der Unterhaltsgläubiger kann dann gestützt auf Alttatsachen seinen vollen Unterhalt geltend machen. Wenn der Unterhaltspflichtige im Vorverfahren eine Zurückweisung des Unterhaltsbegehrens erreicht hat, kann er in einem weiteren, aus anderen Gründen zulässigen Abänderungsverfahren die Alttatsachen anführen, um eine Herabsetzung des titulierten Unterhalts zu erzielen, denn durch die Berücksichtigung dieser Umstände muss keine Rechtskraftwirkung beseitigt werden.
Eine Präklusion hinsichtlich im Vorverfahren nicht vorgetragener Alttatsachen tritt für den Gegner eines Abänderungsverlangens nur dann nicht ein, wenn er sich lediglich gegen eine Abänderung verteidigt, n...