a) Wo ist der Güterstand zu empfehlen?
Der Güterstand wird in Deutschland und Frankreich nationales Recht. Er ist keineswegs auf deutsch-französische Paare beschränkt, sondern steht jedem Paar offen, das dem deutschen oder französischen Sachrecht unterliegt. Wenn also Art. 15 EGBGB das Güterrecht dem deutschen Recht unterwirft, kann der neue Güterstand vereinbart werden.
Wegen der großen Nähe zum deutschen gesetzlichen Güterstand wird sich der neue Güterstand in Deutschland nur in Ausnahmefällen empfehlen. Die Unterschiede zum gesetzlichen Güterstand werden meist den Aufwand eines Ehevertrages nicht rechtfertigen. Allerdings gibt es auch in Deutschland häufig Fälle, in denen die Eheleute Anfangsvermögen ganz aus dem Zugewinn heraushaben möchten, also auch Wertsteigerungen. Dazu gibt es in den Formularbüchern eine Vielzahl von Formulierungsvorschlägen für einen Ehevertrag. Zukünftig bietet sich dafür der Wahlgüterstand an, der zu diesem Anliegen eine ausgewogene Lösung enthält.
In besonderem Maße wird sich der Wahlgüterstand für Paare empfehlen, die in beiden Jurisdiktionen, der deutschen und der französischen, zuhause sind. Das müssen nicht nur solche sein, von denen einer deutsch und der andere französisch ist. Wer in beiden Ländern einen Gerichtsstand hat oder begründen kann, vermeidet so die Unwägbarkeiten, die sich allein daraus ergeben können, dass der Streit in Deutschland oder in Frankreich zu klären ist. Der gemeinsame Güterstand soll dazu führen, dass die Rechtsanwendung bei der Scheidung einer Ehe mit diesem Güterstand in beiden Staaten gleich ist.
b) Zukünftige Entwicklung
Der gemeinsame Güterstand ist ein Pilotprojekt von Frankreich und Deutschland. Es soll nicht auf diese beiden Länder beschränkt bleiben. Art. 21 des Vertrages sieht ausdrücklich vor, dass ihm andere Länder der Europäischen Union durch einseitige Erklärung beitreten können. Das ist auch das Wunschziel der Vertragspartner. Mit großem Interesse wird zu verfolgen sein, ob das in Angriff genommen wird. Immerhin ist auch bei jedem anderen Land, das sich anschließen möchte, zu erwarten, dass die Querverbindungen zu dem jeweiligen nationalen Recht Probleme aufwerfen werden. Ob das multilateral lösbar sein wird, ist eine Grundfrage, die vor einer weiteren Angleichung des europäischen Zivilrechts beantwortet werden muss.
Mit Interesse wird auch zu beobachten sein, wie die Gerichte in beiden Ländern mit dem Gesetz umgehen werden. Die Möglichkeit, dafür einen gemeinsamen gerichtlichen Revisionssenat einzurichten, ist von der Kommission erwogen, aber nicht verwirklicht worden. Aus dem unterschiedlichen Rechtsverständnis in beiden Ländern kann sich durchaus auch eine unterschiedliche Anwendungspraxis des einheitlichen Gesetzes ergeben. Es ist deshalb zu wünschen, dass der neue Wahlgüterstand möglichst oft vereinbart wird, damit sich eine aussagekräftige Praxis entwickeln kann.