Im Mittelpunkt der Entscheidung steht die Frage der Bindung der Beteiligten eines Unterhaltsrechtsverhältnisses an die Beurteilung der Höhe des vom Unterhaltsgläubiger erzielten bzw. erzielbaren Erwerbseinkommens im Rahmen einer von ihnen vereinbarten Änderung der ursprünglichen Vergleichsgrundlage. Der BGH ist der Auffassung, dass hierfür nichts anderes gelten kann als für den von ihm bereits entschiedenen Fall der Beurteilung der Höhe des Erwerbseinkommens des Unterhaltsgläubigers in einem vorangegangenen gerichtlichen Verfahren.
Maßgeblich ist demnach nicht die Form der Titulierung, sondern der Vertrauenstatbestand, der für den Unterhaltsgläubiger aufgrund der früher im Rahmen einer gerichtlichen Entscheidung oder einer Vereinbarung der Beteiligten erfolgten Beurteilung der Frage, ob er zum damaligen Zeitpunkt seiner Erwerbsobliegenheit in dem gebotenen Umfang nachkam, entstanden ist. Die hierdurch bestehende Bindung der Beteiligten hat zur Folge, dass der Unterhaltsschuldner in einem späteren Abänderungsverfahren mit dem Einwand ausgeschlossen ist, dass der Unterhaltsgläubiger jetzt ein höheres Einkommen erzielen könnte, wenn er früher seiner Erwerbsobliegenheit in anderer Weise nachgekommen wäre als tatsächlich geschehen und er eine andere, einträglichere Tätigkeit ausgeübt hätte. Dem ist zuzustimmen. Die gegenteilige Auffassung des Beschwerdegerichts, dass die unterhaltsberechtigte Frau aktuell zwar ihrer Erwerbsobliegenheit in ausreichendem Maße nachkomme, jedoch bei ihrem früheren Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit bei einer Entscheidung für eine andere ihren Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit jetzt mehr verdienen würde, hält der BGH zu Recht für widersprüchlich. Ohne Bedeutung ist, ob sich die Beteiligten anlässlich oder sogar in der früheren Vereinbarung selbst ausdrücklich mit der Frage der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsgläubigers befasst haben. Solange nicht ohne Weiteres ersichtlich war, dass die Beteiligten von einer weitergehenden Erwerbsobliegenheit ausgingen, durfte der Unterhaltsgläubiger berechtigterweise annehmen, dass er dieser Obliegenheit in vollem Umfang genügte.
Die Hinweise des BGH zum weiteren Verfahren nach dessen Zurückverweisung an das Beschwerdegericht geben insoweit Anlass zu Bedenken, als dort auf die Möglichkeit hingewiesen wird, trotz ehebedingter Nachteile den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zu befristen, obwohl der Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte für einen der in der Rechtsprechung des BGH genannten Ausnahmefälle bietet. Die nachfolgenden Hinweise auf die bei der Billigkeitsabwägung nach § 1578b BGB zu beachtenden Kriterien könnten den Eindruck erwecken, dass bei entsprechenden Feststellungen eine Befristung in Betracht kommen könnte. Dies ist nicht der Fall. Wichtiger wäre der Hinweis gewesen, dass der angemessene Lebensbedarf nach § 1578b Abs. 1 S. 1 BGB die untere Grenze für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs darstellt, deren Ausschöpfung keineswegs zwingend, sondern Gegenstand einer umfassenden Billigkeitsabwägung ist. Dies hat das Beschwerdegericht, das nicht einmal den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen nach § 1578 BGB als Ausgangspunkt der Abwägung festgestellt hat, offensichtlich verkannt.
Inkonsequent erscheint es schließlich, wenn einerseits mit der oben wiedergegebenen Begründung ein Verstoß der Unterhaltsberechtigten gegen ihre Erwerbsobliegenheit verneint wird, jedoch andererseits vom BGH darauf hingewiesen wird, dass bei der Billigkeitsabwägung zu beachten sei, dass die Berechtigte durch ihre Entscheidung bei der Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit für eine andere Tätigkeit als in ihrem erlernten und bis zur Aufgabe wegen der Kindesbetreuung ausgeübten Beruf den ehebedingten Nachteil mitverursacht habe. Im Übrigen dürfte eine umfassende Billigkeitsabwägung nur eingeschränkt möglich sein, solange der darlegungspflichtige Antragsteller, der sich als "unbegrenzt leistungsfähig" bezeichnet hat, keine Angaben zur Höhe seines Einkommens macht. Bleibt er dabei, so ist bei der Abwägung von bestmöglichen finanziellen Verhältnissen auszugehen, bei denen die Aufrechterhaltung der bestehenden Unterhaltsverpflichtung keine wesentliche Belastung für den Antragsteller darstellt.
Fritz Finke, Vors. Richter am OLG a.D., Hamm