Schon zu Beginn der 80er Jahre hatte das BVerfG den Betreuungsunterhalt aus dem Blickwinkel des Kindes interpretiert: Betreuungsunterhalt als Kompensation für die der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes abträgliche Zäsur in der Betreuungskontinuität, verursacht durch Trennung und Scheidung, indem wenigstens mit einer finanziellen Absicherung ein Kontinuum an Betreuungsleistungen durch noch einen Elternteil gewährleistet wird. Der Unterhaltsanspruch dient zwar materiell dem betreuenden Elternteil; dahinter stehen aber elementare Anforderungen des Kindeswohls. Er dient ausschließlich den Interessen des Kindeswohls, auch wenn er als Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ausgestaltet ist. Mit dieser Interpretation wird der Gedanke, die Kontinuität der elterlichen Erziehungsleistung zu sichern, zur Rechtfertigung des Betreuungsunterhalts.
Ein zweiter Gesichtspunkt dieser Auslegung des BVerfG zielt auf die Qualität der elterlichen Erziehungsleistung. Sie soll sich nicht auf den äußerlichen Rahmen der Organisation von Nahrung und Verpflegung beschränken, also auf die physischen Grundbedürfnisse, sondern dem Kind eine verlässliche Instanz im Sinne einer "seelischen Betreuung" gewährleisten. Kinderpsychologen sprechen in diesem Zusammenhang von den drei psychischen Grundbedürfnissen des Kindes: der sozialen Bindung, der Kompetenz im Sinn einer effektiven Interaktion und der Autonomie als selbstbestimmtes Handeln. Diesen Bedürfnissen soll der betreuende Elternteil durch Feinfühligkeit, Engagement, Freude, Interesse und Präsenz gerecht werden. Auf diesen Erkenntnissen der Kinderpsychologie beruhen die Überlegungen zum Basisunterhalt, der es dem betreuenden Ehegatten einerseits freistellt, berufstätig zu sein, andererseits mit der alimentierten Freistellung jedoch die Hoffnung verbindet, die ersten drei Jahre des Kindesalters ausschließlich dem Kind und der Entwicklung seiner Persönlichkeit zu widmen – ein Ansatz, der letztlich auch dem in der Öffentlichkeit heftig diskutierten staatlichen Betreuungsgeld zugrunde liegt als staatliche Subvention für die häusliche Betreuung.
Die Sichtweise des BVerfG stand nicht vollständig im Einklang mit den Intentionen des Gesetzgebers des ersten Begründungsentwurfs. Dieser sah die Unterhaltstatbestände, also auch den Betreuungsunterhalt, als Ausprägung des "Prinzips der fortwirkenden nachehelichen Solidarität", die eine Unterhaltsverpflichtung des anderen Ehegatten entgegen dem Prinzip der Eigenverantwortung zur Folge haben könne. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Bedürftigkeit ehebedingt sei. Dann heißt es:
Zitat
"Auf diesem Prinzip der fortwirkenden Verantwortung basieren die Unterhaltstatbestände des § 1570 ff. BGB".
Auch der BGH hatte in der bereits herangezogenen Entscheidung vom 5.7.2006 den Betreuungsunterhalt doppelt abgesichert und in ihm eine Ausprägung der nachehelichen Solidarität gesehen.